Argumente A-Z / Stand 13.10.21

50 %-Quote – das Sommermärchen

In der BZ vom 20.07.2018 wird Prof. Rüdiger Engel, Leiter Projektgruppe Dietenbach, zitiert: Derzeit seien 30 % geförderte Mietwohnungen vorgesehen.

Stand September 2018:
Zunächst folgende wichtige Klarstellung: Im Gespräch mit Freiburger Bürger*innen fällt uns auf, dass viele meinen, der Gemeinderat habe in seiner Sitzung am 24. Juli 2018 tatsächlich 50 % geförderten Mietwohnungsbau für Dietenbach verbindlich beschlossen. Das ist NICHT der Fall, er hat lediglich einen „Prüfauftrag“ an die Stadtverwaltung gegeben. Dazwischen liegen Welten. Beschlossen wurden tatsächlich weder Vergabepraxis noch Quoten. Im Gegenteil: „Die von anderen Fraktionen geforderte Zielvorstellung einer Quote von 50 % gefördertem Mietwohnungsbau lehnen wir daher ab.“ (Wendelin Graf von Kageneck, CDU, am 24.07.2018 in der Gemeinderatssitzung) Die Stadt schreibt im Juni 2018: “Im Laufe des Jahres 2019 sollen zudem der bedarfsgerechte Wohnungsmix und das Vermarktungskonzept diskutiert werden.” Und im Oktober 2018: “Ziel ist es, bis Juli 2020 dem Gemeinderat den Entscheidungsvorschlag für eine Variante vorzulegen.” Das Projekt scheint sich kaugummiartig in die Länge zu ziehen, erst in zwei Jahren soll Tacheles geredet werden?

Geht es hier nicht vielleicht darum, einer über sechs Jahre durch Parolen wie „Wohnungsnot“, „Wohnungsnotstand“, „soziale Frage“, „existenzielle Frage“ verunsicherten und weitgehend ahnungslosen Bevölkerungsmehrheit Versprechungen zu machen, die seriöse Politik nicht einhalten kann?

50 % sozialer Mietwohnungsbau bei allen Neubauprojekten (sofern neues Baurecht geschaffen wurde):  Das wurde vom Gemeinderat vor 3 Jahren beschlossen. Leider wurde der Beschluss während der vergangenen drei Jahre nie umgesetzt, stattdessen wurden die Ausnahmeregelungen in Anspruch genommen. Mit einer Ausnahme: Im Vergabeverfahren Kronenmühlebach Haslach hat ein üblicher renditeorientierter Bauträger den Zuschlag erhalten und will dort 100 % geförderte Mietwohnungen mit max. Bindungsfrist von 60 Jahren errichten. Das ist erstaunlich, löblich – doch wird das Problem dadurch nicht gelöst, sondern lediglich den Nachfolgegenerationen als Altlast aufgebrummt.

Denn anders als eingeschätzt ist in Freiburg die Nachfrage nach Baugrundstücken so groß, dass Investoren auf der Suche nach Kapitalanlagemöglichkeiten in „Betongold“ überall zugreifen und sogar Bedingungen wie 60 Jahre Bindungsfrist und 100 % geförderten Mietwohnungsbau als attraktiv und rentabel beurteilen. Damit könnten in Neubaugebieten negative Entwicklungen, wie sie im Rieselfeld und Vauban deutlich geworden sind, um Jahrzehnte hinausgeschoben werden.

Mit Stand Ende Juli 2018 wünschen sich Grüne, SPD und Linke unisono vehement und laut die 50 % Regelung für Dietenbach. Andere Fraktionen sind dagegen, die Sparkasse sowieso. Also nur ja keine Festlegungen, alle Optionen werden offengehalten, nichts wird zu diesem Thema beschlossen.

Wieso die 50 %-Quote auch in Dietenbach wieder keine Chance haben wird, nicht dazu kommen würde, wusste Ex-Oberbürgermeister Salomon bereits 2015: „Wie soll ich einen privaten Investor dazu bringen, geförderten Mietwohnungsbau zu machen, wo der sich doch nicht rentiert?“ (BZ 21.05.2015) Es geht also nicht um sozialen und bezahlbaren Wohnungsbau, es geht um Profit. In Dietenbach entstünde wieder nur teurer Wohnraum für Besserverdienende, und nicht, wie vor Jahren geplant, Bezahlbares für niedrige bis mittlere Einkommensgruppen.

Wer sich für die Freiburger Mietenpolitik und die Vorstellungen der Stadtverwaltung zur Quote sozialer Mietwohnungsbau in Dietenbach vom November 2017 interessiert (da hieß es, 15 % werden reichen …), findet dazu eine knallharte Analyse von Radio Dreyeckland vom 22.11.2017. Oder eine vom 06.10.2018.

Am 27.11.2018 beschloss der Gemeinderat:
„Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung, die weiteren Vorbereitungen für den neuen Stadtteil Dietenbach unter verbindlicher Berücksichtigung folgender Rahmenbedingung fortzuführen: Bei der Vermarktung städtischer Grundstücke ist grundsätzlich die Realisierung von 50 % gefördertem Mietwohnungsbau entsprechend der Beschlusslage des Gemeinderates umzusetzen, soweit nicht in Vermarktungskonzepten andere Anforderungen durch den Gemeinderat beschlossen werden. … Der neue Stadtteil Dietenbach wird mit mindestens 50 % geförderten Mietwohnungen realisiert.”
Dazu die Erläuterung aus der Stadtverwaltung: „Die Einzelheiten zur Umsetzung des 50-%-Beschlusses sind … in einem noch zu erstellenden Vermarktungskonzept zu entwickeln, das auf Grundlage des noch weiter zu entwickelnden Siegerentwurfes und des daraus erarbeiteten Bebauungsplanes basiert. Weitere Parameter, wie z. B. die Quote an Grundstücken für Baugruppen etc., werden ebenfalls Bestandteil des Vermarktungskonzeptes sein. Von Seiten der Projektgruppe Dietenbach ist geplant, die Parameter u. a. mit dem Gemeinderat, Akteuren der Wohnungswirtschaft, der Sparkasse und unter Beteiligung der Bürgerschaft in einem Dialog im Laufe des Jahres 2019 zu erarbeiten.“

Wie verbindlich ist „verbindlich“? Die Umsetzung des 50 %-Beschlusses ist nach wie vor nichts weiter als eine Wunschvorstellung, eine Verheißung, märchenhaft: Maßgebliche Akteure (Teile des Gemeinderats, die Sparkasse, die Finanzverwaltung, die Wohnungswirtschaft) stehen nicht dahinter, haben aber großen Einfluss auf die weitere Entwicklung. Da reicht es auch nicht zu sagen, wie es die UL tut, dass im Zuge des Vermarktungskonzepts die 50 %-Quote präzisiert wird. Der Gemeinderat wird im Mai 2019 neu gewählt. Nichts wissen wir über die zukünftigen Mehrheiten. Er ist frei, die Quote wieder abzuwählen, wenn die Quote beispielsweise aufgrund fehlender wirtschaftlicher Tragfähigkeit nicht umgesetzt werden soll. Wie verbindlich ist „verbindlich“? Die Quote ist nicht einklagbar, bleibt weiterhin eine Absichtserklärung. Auch fehlt der wichtige Beschluss zu einer verlängerten Mietbindungsfrist.

Und vor diesem Hintergrund erklärt Stadtrat Michael Moos (UL) am 29.11.2018 in der BZ, nur mit Dietenbach werde man garantieren können, dass die Hälfte der Wohnungen unter Mietspiegel-Niveau liegen wird. Für wen hält „man“ sich? Was heißt garantieren? Meint er wirklich, das klinge seriös?

So langsam beginnen auch andere, selbst zu rechnen – Aktualisierung 25.10.2018: Vorgestern beschloss der Gemeinderat, dass keine städtischen Erbbaugrundstücke mehr verkauft und städtische Grundstücke nur noch im Erbbaurecht vergeben werden – in der Badischen Zeitung liest man:
Sascha Fiek (FDP): „Finanzbürgermeister Breiter kann ja mal ausrechnen, was es für die Stadt bedeuten würde, 51 Prozent der Flächen im Dietenbach aufzukaufen und im Erbbaurecht zu vergeben, Da muss man dann auch Farbe bekennen und sagen, wie man das finanziert.“
Darauf Finanzbürgermeister Stefan Breiter, im kommenden Doppelhaushalt seien fast 26 Millionen Euro durch Grundstücksverkäufe eingeplant. Bei Dietenbach würden 200 bis 250 Millionen Euro fehlen, würde man auf Grundstücksverkäufe verzichten.
Johannes Gröger (FW): „Freiburg hat nicht das Geld, auf diese Einnahmen zu verzichten.“

Beispiel Rieselfeld (Quelle: Stadt Freiburg, Projektgruppe Rieselfeld):

Ziel bei Projektbeginn 2015
Sozialer Mietwohnungsbau 50 % 5 %
Freifinanzierter Mietwohnungsbau 25-30 % 25 %
Wohnungs- und Hauseigentum 20-25 % 70 %

 

Beispiel „Auf der Haid“ (Quelle BZ 26.10.2018): Im Oktober 2018 beschließt der Gemeinderat auch hier einmal mehr, die 50 %-Quote NICHT umzusetzen.

Hier ist auch diese Aussage von Baubürgermeister Haag interessant (Amtsblatt 18.01.2019): „… man muss berücksichtigen, dass die Bauzeit des Stadtteils ein Vierteljahrhundert dauern wird. Und wer kann heute schon sagen, wie die Förderbedingungen in 25 Jahren sein werden?

Projektentwickler und Bauunternehmer Peter Unmüßig am 15.01.2019: „50 % ist mit Sicherheit bei den Marktgegebenheiten nicht erreichbar.“ Derselbe am 06.01.2019 auf die Frage, was er von der 50-Prozent-Sozialwohnungsquote halte: „Das ist ein Schuss ins Knie. Für eine Gesellschaft ist ein Sozialwohnungsanteil von über 25 Prozent nicht gesund. Und finanziell ist es nicht umsetzbar. Bis 30 Prozent kann es sich für Investoren in der Mischkalkulation rechnen, aber 50 Prozent sind illusorisch. Da muss man mit Verlust kalkulieren und das finanziert keine Bank. Die Privatwirtschaft kann das nicht leisten. Dann muss es die Stadt machen, die ruiniert aber ihren Haushalt.“

 


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Allgemeinwohl

Innenentwicklung vor Außenentwicklung, schonender Umgang mit Freiflächen, Grünflächen, Waldflächen und landwirtschaftlichen Flächen im Außenbereich, auf der grünen Wiese – dies alles dient dem Allgemeinwohl. Und dies alles hat sich eigentlich auch Freiburg auf seine Fahnen geschrieben, denn das ist ökologisch nachhaltig und ressourcenschonend, also gemeinwohlorientiert. In Zeiten des Klimawandels (bestes Beispiel: der Dürresommer 2018) ist es unverantwortlich, Böden und Flächen zu versiegeln, die künftigen Generationen ein erträgliches Dasein ermöglichen können, weil sie klimaausgleichend wirken, dem CO2-Verbrauch entgegenwirken. Hier ist Weitsicht gefragt und nicht die hysterische Ausrufung einer existenziellen “Krise” namens „Wohnungsnot“, um dann – hinter dem Feigenblatt “Allgemeinwohl” – kurzfristige wirtschaftliche Interessen zu bedienen. Im Sinne des Allgemeinwohls ist das nicht.

Im Sinne des Allgemeinwohls muss es unser aller vorrangigstes Ziel sein, den Klima- und Naturschutz voranzubringen – ohne unsere natürlichen Lebensgrundlagen, inmitten der Klimakatastrophe, wird es kein allgemeines Wohl mehr geben, für keine und keinen von uns.

Wir wissen, dass es viele Bürger*innen gibt, die in Freiburg keine bezahlbare Wohnung mehr finden. Das ist schlimm. Das muss sich ändern. Dietenbach ist der falsche Weg. Die Stadt hat ihren Fokus, ihr Personal und ihre finanziellen Mittel über Jahre allein auf die Planung eines neuen Megastadtteils im Dietenbach konzentriert, anstatt kreativ all die vielen Alternativen in der Innenentwicklung anzugehen. Im Sinne des Allgemeinwohls ist das nicht.

Neubau ist immer teuer, da findet sich kein bezahlbarer Wohnraum, sondern raumgreifende Wohlstandsbebauung. Die Sparkasse schreibt in ihrer Broschüre Bodenpreise 2018/19: “Die Beliebtheit der Stadt Freiburg führt zu einer überdurchschnittlich hohen Nachfrage externer Käufer. Liegt der Landesdurchschnitt bei ca. 10 %, so kommen in Freiburg ca. 40 % aller Käufer von auswärts!” Kann da noch von Allgemeinwohl die Rede sein? BUND und NABU warnen, dass hier im Namen des sozialen Wohnungsbaus ökologische Grundanforderungen torpediert werden sollen.

Ist es im Sinne des Allgemeinwohls, dass die Stadt Freiburg ihr Tafelsilber verhökert, eigene Grundstücke im Wert von 200-250 Millionen Euro verkauft, um damit den geplanten neuen Stadtteil Dietenbach zu finanzieren? (Aussage von Finanzbürgermeister Stefan Breiter, 25.10.2018, hier nachzulesen)


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Alternativlosigkeit

Die Stadtverwaltung behauptet, die Bebauung von Dietenbach sei alternativlos. „Die Behauptung, es gebe nur eine einzige vernünftige und moralisch legitime Entscheidung, legt ein falsches Politikverständnis nahe.“ (Astrid Séville 2017, There is no alternative)

TINA-Rhetorik („There is no alternative“) ist im (kommunal-)politischen Diskurs allgegenwärtig und gefährdet das Vertrauen. Denn wenn eine Entscheidung als einzig vernünftige oder moralisch gebotene dargestellt wird, erscheint dagegen gerichteter Widerspruch als irrational und illegitim. Die Politikwissenschaftlerin Astrid Séville forscht schon seit einiger Zeit zu diesem Thema, im Januar 2019 ist im C.H. Beck Verlag ihr neues Buch erschienen: “Der Sound der Macht” (hier eine Besprechung). Die Rhetorik des vermeintlichen Sachzwangs, schreibt Séville, “folgt einer Quadratur des Kreises: Macht soll gesichert werden, indem man sich macht- und ambitionslos geriert … Wir haben verlernt, offen politische Kontroversen auszutragen und uns im Angesicht konkurrierender politischer Vorschläge zu positionieren.”

Besonders auffällig in diesem Zusammenhang ist die Ausrufung eines Notstandes, z. B. Wohnungsnotstand. Der lasse keine Alternative zu als Bauen im großen Stil auf der grünen Wiese. Unter Zeitdruck müssen kritische Entscheidungen getroffen werden. So kann man sich auf Notwendigkeiten, Evidenzen und Sachzwänge zurückziehen.

Diese Position der Stadtverwaltung ist eine schwache Position, denn ihr Gegenteil wurde nicht erörtert. OB Horn: „Nur mit einem neuen Stadtteil kann in naher Zukunft bezahlbarer Wohnraum realisiert werden.” Wahrheiten lassen Meinungsdiskussionen nicht zu. Der politische Diskurs wird mit dem Anspruch auf Wahrheit unterbunden; behauptete Wahrheiten werden dadurch nicht wahrer, dass man sie im Minutentakt wiederholt.

Ende 2018 endlich, noch im Schockzustand wegen des von uns erzwungenen Bürgerentscheids, holt die Stadt aus zur Runduminitiative bezahlbares Wohnen, so bemüht wie nie – auf einmal geht, was jahrelang vehement verhöhnt worden war:

– Einrichtung eines Referats für bezahlbares Wohnen
– Mieterhöhungsstopp für die Stadtbau bis Ende 2019
– stärkere soziale Ausrichtung der Stadtbau
– dichter und höher bauen
– Förderprogramm für Dachgeschossausbauten und Aufstockungen mit Holz
– Vorkaufsrechte nutzen

Man will “neue Werkzeuge ausprobieren” und verborgene Möglichkeiten entdecken – bitte dabei nur ja nicht das Wort Alternativen benutzen, denn die gibt es ja nicht, wie wir jahrelang hören mussten. Gäbe man zu, dass es Alternativen gibt (vor allem, dass es sie GAB), wäre die gesamte SEM/Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Dietenbach juristisch hinfällig.

Zum oben genannten Sofortmaßnahmenkatalog fällt uns dies hier ein: OB-Kandidat Dieter Salomon hätte es im Frühjahr 2018 „peinlich gefunden, den Leuten mit einem Sofortprogramm, zehn Essentials oder dergleichen zu kommen, nur um mit dem Gegenkandidaten mitzuhalten.” „Die würden mich doch sofort fragen, warum tust du es nicht schon längst.“ (BZ 29.12.2018)

2006 behaupteten die Stadtoberen, der Verkauf der Stadtbauwohnungen sei alternativlos. Ein erfolgreicher Bürgerentscheid war die Folge. Kurze Zeit später räumten alle ein, dass die alternativlos-Einschätzung falsch gewesen sei. Dieses Wort ist ein aufgeblasenes Totschlagargument von Entscheidern, die verborgenen Zwängen unterworfen oder zu bequem sind, selbst zu denken – oder s. o.

Ach, wie tut das not! Endlich, da ist doch endlich der Kommentar der Badischen Zeitung übertitelt mit „Nichts ist alternativlos“. Nur schade, dass diese Einsicht des Autors Uwe Mauch so spät kommt. Denn wir schreiben inzwischen den 28.09.2019 (und es geht nicht etwa um Dietenbach, sondern um den von OB und Stadtbau derzeit in Warteposition verschobenen Plan, im Mooswald beim Keidelbad 190 Bäume zu fällen, um 200 Parkplätze mehr dort anbieten zu können). Abgesehen davon, dass es ein Leichtes ist, so zu sprechen, NACHDEM der OB entschieden hat, weil klar geworden ist, dass es Alternativen sehr wohl gibt … wagen wir uns nicht auszumalen, was alles möglich gewesen wäre, hätte Herrn Mauch diese Einsicht ein Jahr früher ereilt …


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Archäologische Funde

Das Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg informierte in einer Stellungnahme vom 26.02.2018 die Stadt Freiburg darüber, dass sich in dem für den Umweltbericht abgegrenzten Untersuchungsraum mehrere Areale befinden, die als Prüffall in der Liste der archäologischen Kulturdenkmale der Gemarkung Freiburg geführt werden. Es handelt sich um

  • mehrere römische Siedlungen,
  • Siedlungen der Urnenfelderzeit,
  • aus der Latènezeit,
  • aus der provinzialrömischen Zeit
  • sowie um eine vorgeschichtliche Siedlung.

Das Regierungspräsidium Stuttgart, Landesamt für Denkmalpflege, schreibt dazu: “Um allseitige Planungssicherheit zu gewährleisten und spätere Bauverzögerungen zu vermeiden, sollten frühzeitig im Vorfeld von Erschließungs- und Baumaßnahmen archäologische Voruntersuchungen (Sondierungen) durch das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (LAD) auf Kosten des Planungsträgers durchgeführt werden.”

Hier die Quelle: Auszug aus BESCHLUSS-VORLAGE_G-18-114_Anlage_2


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Aufschüttung: bis zu drei Meter!

Das Gelände müsste bis zu drei Meter (im Mittel 2,2 Meter) hoch aufgeschüttet werden, wegen der Hochwassergefahr, weil das Grundwasser dort extrem hoch ansteht und wegen der Verlegung der Abwasserkanäle. Dazu würde auch der Zutransport von mehreren Mio. Kubikmeter Erdmasse und/oder Kies über große Strecken gehören, mit erheblichem Flächenverbrauch anderswo, etwa zu Lasten der Landwirtschaft (Verlust von Anbaufläche wegen Erweiterung Kiesabbau). Es resultierte extrem hoher Fahraufwand an der Quelle des Materials und beim Verteilen in Dietenbach.
Siehe Seite 82 in BESCHLUSS-VORLAGE_G-18-114_Anlage_1

Um 130 ha Fläche in Dietenbach 2,2 m hoch aufzuschütten, wären ca. 150.000 LKW-Ladungen für Dietenbach und weitere 35.000 für das Bohrertal (siehe Stichwort Hochwasser-Rückhaltebecken Horben) nötig. Bei ca. 30 km pro Fahrt wäre das eine Strecke von gut 6 Millionen  km, also 16 mal zum Mond.

In einem BZ-Bericht wird von bis zu 3 Meter Aufschüttung gesprochen, dies entspräche dann 250000 LKW Ladungen und 22 Mondfahrten.

Alexander Milles, Vorsitzender NABU-Freiburg: “Der Leitsatz von Rio ’92 “global Denken – lokal Handeln” wird am Beispiel Dietenbach von der kommunalen Politik konterkariert. Schlimmer noch: Die großflächige Aufschüttung und Versiegelung wird als ein Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung angepriesen”

Welch ein Irrsinn! Wie kann man vorgeben, einen „ökologischen Stadtteil“ zu planen, wenn man schon im Vorfeld, bevor das Gebiet überhaupt baureif ist, hunderttausende LKW-Fuhren Untergrundmaterial herankarren muss?
CO2 und Luftschadstoffbelastung sowie der Dieselverbrauch hierfür wären enorm, ebenso die Lärm- und Verkehrsbelastung. Und es müssten sehr umfangreiche Erdarbeiten für die Erstellung einer Hochwasseraue beiderseits des gesetzlich geschützten Dietenbachs durchgeführt werden.

Es sollen bereits 2019 vorzeitig 50 Hektar Fläche für das Bauvorhaben in Anspruch genommen werden, vor allem für die Einrichtung eines Erdaushub-Zwischenlagers. Geplant ist es auf den  Landwirtschaftsflächen zwischen dem Bach und der B31a, also entlang des Zubringers Mitte. Die Deponie soll über viele Jahre Erdaushub aus der gesamten Region aufnehmen. Da die Anlieferer dafür zahlen müssen, soll das der Stadt Geld in ihre Kassen spülen (auf dieses Geschäftsmodell kam die Stadt bei der Infoveranstaltung am 14.06.2018 mit betroffenen Landwirten, die darüber aufklärten, wie die derzeitige Lage auf dem Markt für Erdaushub ist …).


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Ausgleichsmaßnahmen, Ökopunkte

Wenn laut Ökopunkteverordnung (ÖKVO) eine Gemeinde freiwillige Maßnahmen zur Verbesserung des Naturhaushaltes ergreift, dann können dafür Ökopunkte eingestrichen werden. Diese Ökopunkte können dann mit naturzerstörenden Maßnahmen anderenorts in der Gemeinde verrechnet werden.

Alexander Milles, bis 2019 Vorsitzender NABU-Freiburg : “Eingriffe in die Natur müssen nach Gesetz “ausgeglichen” werden. Das Dietenbachgebiet erfüllt für das Stadtklima und den Wasserhaushalt, als Freiraum und landwirtschaftliche Nutzfläche wichtige Funktionen, die durch den Neubaustadtteil jedoch unwiederbringlich verloren und nicht auszugleichen sind. Überdies lassen sich aufgrund der sogenannten Ökopunkteverordnung Maßnahmen als Ausgleich anrechnen, die in keinem Zusammenhang mit den verlorenen Funktionen stehen. Als Ausgleich für Dietenbach sind, mangels großer Ausgleichsflächen, technische, punktuelle Maßnahmen im Fokus, so zum Beispiel die überfällige Herstellung der Fischdurchgängigkeit des Schwabentorwehrs. Die Maßnahme erbringt eine Million Ökopunkte und soll so zahlreiche Hektar an versiegelter Fläche “ersetzen”. Das hilft natürlich nicht, den Verlust wertvoller Nahrungshabitate für besonders und streng geschützte Vogelarten zu mildern.”

Es bleibt unklar, wo überall die Flächen für den gesetzlich verankerten naturschutzrechtlichen Ausgleich für die immensen Eingriffe in Natur und Landschaft „herkommen“ sollen. Da eine Vermeidung und Minimierung der Eingriffe schwerlich möglich sein dürfte, entstünde ein sehr großer Ausgleichsbedarf. Eine grobe Schätzung der Stadt benennt 9 Millionen Ökopunkte! (Drucksache G-17/152). Eine erste Maßnahme ist in Grißheim vorgesehen (Markgräfler Rheinebene, Waldumbau), sie kostet die Stadt 2.808.890 Millionen Ökopunkte/Euro (Drucksache G-18/117, Anlagen 1 und 2).

Es ist noch nicht absehbar, wo diese Flächen eingriffsnah gefunden werden könnten oder wo in der nahen Umgebung überhaupt eine so große Menge an „Öko-Kontopunkten“ generiert werden könnte, ohne mit anderen Nutzungen in Konflikt zu geraten. Es drohen  Verdrängungseffekte für die Landwirtschaft, die Ackerfläche für den Ausgleich aufgeben muss – der bekannte Domino-Effekt.

Bereits 2014 zeigte eine Studie an ca. 350 CEF-Maßnahmen (zeitlich vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen) in NRW, dass der Zweck dieser Maßnahmen meist verfehlt wird: Artenschutz, Erhaltung und Bewahrung der Biodiversität (Quelle).

Januar 2020: Die oben genannte, vom Gemeinderat beschlossene Ausgleichsmaßnahme Waldumbau in Grißheim scheint schon wieder Makulatur zu sein, da lief wohl etwas schief. Sie ist kein Thema mehr. Nun tut sich die nächste Chance auf, Ökopunkte für die Ökoschande Stadtteil Dietenbach zu generieren: Aus der Zeitung erfahren wir, dass Freiburg Ökopunkte im Wert von 4 Mio. Euro bei der Kaiserstuhlgemeinde Bahlingen einkauft. Dort sollen 52 ha landwirtschaftlich genutzte Äcker und Wiesen zu Magerweiden werden. “Doch dadurch verlieren zehn Bauern gepachtete Flächen, besonders betroffen sind zwei.”

Oft werden “sowieso” fällige Maßnahmen dem Ökokonto gutgeschrieben. So ist es z. B. auch geplant bei der Sanierung des Schwabentorwehrs – nachzulesen auf S. 66 des 3. Freiburger Nachhaltigkeitsberichts: “Das größte Potenzial für die Gewinnung von Ökopunkten auf stadteigenen Flächen hat derzeit die „Sanierung des Schwabentorwehrs“ … Mit Blick auf die anstehenden Bau- und Planungsvorhaben der Stadt Freiburg können die hier generierbaren Ökopunkte sehr gut als Ausgleichsmaßnahme einem oder mehreren später anstehenden Vorhaben zugeordnet werden.”

Was davon zu halten ist, beschreibt dieser Leserbrief vom 21.01.2019:
“… Die Stadt hat den Umbau aber immer wieder verzögert. Obwohl die Stadt der Wasserrahmenrichtlinie nicht fristgerecht nachgekommen ist, will sie für den Umbau der Wehranlage rund eine Million Ökopunkte einheimsen. Die Ökopunkte kann die Stadt anschließend für das Plattmachen der Dietenbachniederung zwecks Errichtung eines neuen Stadtteils verrechnen. Wegen der Dietenbachbebauung verzichtet die Stadt auch “großzügig” auf staatliche Zuschüsse in der Größenordnung von 70 bis 80 Prozent der Umbaukosten. Denn Ökopunkte sind viel wertvoller, weil die Stadt gar nicht die Ausgleichsflächen hat, um die Naturverluste in der Dietenbachniederung kompensieren zu können. Da ist es praktisch, wenn man für die Kompensation Ökopunkte auf dem Naturvernichtungskonto gutgeschrieben bekommt.”

In Vogtsburg am Kaiserstuhl werden jetzt Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt, um Schäden an der Natur wieder gut zu machen, die auf das Konto des Baus des neuen SC-Stadions gehen: insgesamt 20 km Weinbergböschungen am Badberg werden “aufgewertet” und gepflegt. 20 Jahre lang für 2,1 Mio. Euro. Und was passiert danach? Das Stadion steht weiter an seinem Platz und die Böschungen verwildern wieder. Wenn sie überhaupt so lange gepflegt werden. Müsste sich nicht eigentlich die Gemeinde Vogtsburg um ihre Böschungen kümmern? Da entwickelt sich ein neues Geschäftsmodell, das als Win-win-Situation verkauft wird … Nicht nur der Landesnaturschutzverband (LNV) hat grundlegende Zweifel an der Sinnhaftigkeit vieler sog. Ausgleichsmaßnahmen:

 

Deutliche Mängel bei der Kompensation von Flächenversiegelung durch die Kommunen hat eine Untersuchung der Uni Freiburg 2018 aufgedeckt (Rabenschlag/Reif, pdf 5,5 MB). Demnach kommen die Gemeinden nur bei ca. 70 % der Vorhaben geltendem Recht nach. Übergeordnete naturschutzfachliche Qualitätsziele, die meist ebenfalls rechtlich erforderlich sind, werden nur in ganz wenigen Fällen effektiv erfüllt. Unterstützt vom LNV wurde beispielhaft an neun Gemeinden am Schönberg bei Freiburg die Umsetzung baurechtlicher Ausgleichsmaßnahmen von 2007 bis 2017 untersucht und bewertet.

 

 

Und mit dem Titel “Die Ökopunkte-Lüge – Wie mit der Natur Kasse gemacht wird” berichtet REPORT MAINZ am 20.08.2019 äußerst kritisch (6:56 min). Umweltschützer sprächen von “modernem Ablasshandel” für die Bauindustrie. “Wahre Goldgruben sind aktuell Fischtreppen wie hier in Freiburg …”

“Die Ökopunkte funktionieren nicht. Irgendwann ist Deutschland zugebaut – aber – äm – ausgeglichen.” (Axel Mayer, BUND)


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Bedarf an Wohnraum in Freiburg

Wer dringend eine Wohnung braucht und trotz einigem Bemühen noch keine gefunden hat, der hat kein Verständnis für die Diskussion zum Thema Wohnraumbedarf. Trotzdem muss sie hin und wieder geführt werden, vor allem im Vorfeld besonders großer und/oder umstrittener Bauvorhaben. Dietenbach ist so eines. (Achtung: Der folgende Text ist etwas salopp formuliert) Zu Beginn der Planungen 2011/2012 wurde, mit Hilfe des Immobilien-Marktforschungsinstituts empirica, prognostiziert, dass Freiburg aufgrund des Bevölkerungsanstiegs bald aus allen Nähten platzen, ja explodieren würde, baute man nicht ganz, ganz bald einen neuen Riesenstadtteil auf der grünen Wiese. Beschlossene Sache – beschlossen leider aufgrund einer verwunderlichen Berechnungsgrundlage (siehe unten), wie schon damals einige einwarfen. Es folgten weitere Notstands-Prognosen. Stadt und FWTM propagieren die “wachsende Stadt”. Es wird gebaut, was das Zeug hält – wer baut, verdient gut daran, verdient gut daran, verdient gut daran, erntet Verkehr und Neubürger …

Die Frage muss gestellt werden: Mit welcher Ernsthaftigkeit kümmerte sich die Stadt um die Wohnbausituation in Freiburg, wenn das Baurechtsamt selbst im Jahr 2015 noch nicht wusste, wie viele Wohnungen es selbst genehmigt? Der damalige Leiter Rüdiger Engel leitet heute übrigens im Rathaus die Planungsgruppe Dietenbach …

So wird ein Stadtteil herbeigerechnet
Wie gesagt, am Anfang waren die Prognosen, die das Projekt begründeten. Die Stadtverwaltung Freiburg berechnet in ihrer Kleinräumigen Bevölkerungsvorausrechnung von 2014 einen deutlich höheren Zuwachs an Einwohnern ab 2025 als das Statistische Landesamt, offensichtlich weil bei der Prognose schon ein neuer Stadtteil angenommen wird:

„Eine Besonderheit dieser Vorausrechnung ist, dass der Bau eines neuen Stadtteils berücksichtigt worden ist. Analog … wird ab Mitte der 2020er Jahre dieser noch fiktive Stadtbezirk … mit Menschen ,gefüllt’, so dass das Bevölkerungswachstum bis 2030 weiter anhält“.

Wie gesagt, am Anfang waren die Prognosen und Berechnungsgrundlagen, auch diese hier: Einfach so, der Wachstumsgläubigkeit und -verpflichtung sei Dank, rechnete man mit einem hypothetischen Zuwachs der Wohnfläche pro Kopf für alle Einwohner Freiburgs um durchschnittlich 0,2 qm/Jahr, also 3,6 qm von 2012 bis 2030, bei 4 Personen macht das 15 qm mehr. Damit nicht genug: man attestierte der Stadt obendrein noch “Nachholbedarf” an Wohnflächenwachstum pro Kopf. Und man rechnete mit Bevölkerungsprognosen, die man beim Immobilien-Marktforschungsinstitut empirica erstellen ließ. Alle Prognosen sprachen dieselbe Sprache: Wir werden in Kürze platzen! Zuwachs ohne Ende! Jahre später dann der Knüller: Auf der Hauptausschusssitzung des Gemeinderats am 20.11.2017 stellte der damals noch amtierende OB Salomon sämtliche Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung ganz grundsätzlich in Frage. Seither hört man nichts Neues mehr zum Thema Prognosen aus dem Rathaus. Leider auch nicht zu dem Zeitpunkt, als es von höchstem Interesse gewesen wäre: im Vorfeld des 24.7.2018, dem Tag, an dem der Gemeinderat das Megabauvorhaben zu beschließen hatte. Tags zuvor hieß es in der Pressemitteilung der Stadt: „Ein neuer Stadtteil ist für Freiburg dringend notwendig, da nach Einschätzung der Verwaltung bis zum Jahr 2030 noch knapp 15.000 Wohnungen benötigt werden.“ Dieser Bedarf wird betrachtet, als handle es sich um ein Naturgesetz.

Dabei funktioniert das Ganze gerade umgekehrt: Zuerst wird die Wohnbaufläche für x Bewohner konzipiert. Danach wird x als Bevölkerungszuwachs prognostiziert. Und schließlich wird mit x prognostiziertem Zuwachs die Alternativlosigkeit des neuen Baugebiets begründet. Diese Wachstums-Grundrechenart haben anscheinend nun auch die Medien begriffen, wie man in Der Sonntag vom 06.01.2019 nachlesen kann: “Eigene [Bevölkerungs-]Prognosen von Kommunen wie Freiburg … liegen oft deutlich über den Landeswerten. Freiburg etwa rechnet einen geplanten Stadtteil mit ein.” Wer Freiburg als die “wachsende Stadt” propagiert, muss halt dafür sorgen, dass sie wächst.

Vielleicht kann auch mal die Frage gestellt werden, warum die Mehrzahl der Pflegeheime in Freiburg gebaut werden muss? Caritas und Heilig Geist Stift geben an, dass ihre Mitarbeiter*innen in Freiburg keine bezahlbaren Wohnungen finden. Dabei kommen viele Pflegebedürftige aus dem Umland und von weiter her. Im Landkreis Breisgau hat man vor Jahren Pflegeheime geschlossen z.B. in Löffingen.

Ergänzung Juli 2020: “Prognosen sind Teil des ungeheuren Aufmerksamkeits- und Erregungskomplexes, der uns umgibt. Nicht selten entstehen sie aus ideologischen Verkürzungen und linearen Weltbildern, die einen Trend immer geradeaus – oder exponentiell – in die Zukunft weiterzeichnen. Oft handelt es sich einfach um Übertreibungen, Zuspitzungen. Um Schreckensbilder. Oder um Verkaufsinteressen: Man prognostiziert einen Ausgang, der etwas geldwert macht … Prognosen verengen die Zukunft zu einem Tunnel …”. (Matthias Horx, Die Wahrheit nach Corona)

In Dietenbach sollen einmal 15.000 Menschen wohnen. Wo sind denn diese 15.000 Menschen jetzt? Sind sie schon da? Kommen sie erst noch? Wo kommen sie her? Werden sie Arbeit haben? In welchen dann neu auszuweisenden Industriegebieten werden sie arbeiten?

Liegt hier nicht eine Angebotsplanung vor? Wird nicht eine massive Sogwirkung eintreten, ggf. bezweckt durch die Maßnahme Dietenbach? Freiburg wächst, weil es baut.

Die Stadt schreibt in Anlage 2 zur Drucksache G-12/194 sowie in einer Broschüre von 2015: “Andere Bevölkerungsvorausberechnungen wie die Raumordnungsprognose 2035 des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) oder die Prognose des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg gehen gleichfalls von einem Bevölkerungswachstum aus. Sie kommen im Detail jedoch zu anderen Zahlen. Die Prognosen gehen ab 2020 von einem negativen Wanderungssaldo aus. Dies rührt u.a. daher, dass in den statistischen Berechnungen keine weiteren Wohnbauflächen über den Flächennutzungsplan (FNP) 2020 hinaus berücksichtigt wurden. Dies ist eine der Ursachen dafür, dass die Freiburger Bevölkerungsvorausberechnung von 2012 wie auch vorangegangene Prognosen jeweils nach etwa zehn Jahren eine Verlangsamung des Wachstums und später einen Bevölkerungsrückgang darstellen. Das Angebot an Wohnraum beeinflusst somit die Bevölkerungsentwicklung in Freiburg”.

Es besteht offensichtlich kein Bedarf mehr für die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) für einen Neubaustadtteil Dietenbach für rund 15.000 Einwohner*innen. Denn die neueste Bevölkerungsprognose der Stadt für Freiburg nennt für nach 2022 stark abnehmenden Bevölkerungszu­wachs, der im Jahre 2024 nur noch 373 Personen betragen würde – statt rund 1.000 bis 2.000 Personen jährlich, wie früher prognostiziert (Quelle: Anlage 1 zur DRUCKSACHE G-17/230.1, dort Tab. 1 und 2).

Die Skepsis von Ex-OB Salomon gegenüber Statistiken ist vielleicht ganz gesund. Man kann aber andererseits zu Recht annehmen, dass beim Statistischen Landesamt Baden-Württemberg solide Arbeit geleistet wird. Und dieses Amt prognostiziert 2018 für Freiburg für den Zeitraum 2020 bis 2035 ein Stagnieren der Bevölkerungszahl bei ca. 236.000 (Hauptvariante) – hier die Zahlen des Landesamtes:

2016 228.799
2020 235.409
2021 236.116
2022 236.556
2023 236.724
2024 236.643
2025 236.441
2026 236.233
2027 236.034
2028 235.893
2029 235.818
2030 235.813
2031 235.875
2032 236.007
2033 236.149
2034 236.274
2035 236.361

Von heute (Ende 2018) aus betrachtet fehlten in Freiburg bis 2035 demnach also nur ca. 7.000 Wohnungen. Zusätzlicher Wohnraum in dieser Größenordnung ist sowieso schon längst projektiert, siehe unser Stichwort “Alternativen”. Dietenbach? Mehr als überflüssig. Klar, die Immobilienwirtschaft, der Bankensektor, die Kapitalanleger etc. sehen das anders.

Aktualisierung Juli 2019: Die neue Prognose des Landesamts vom Juni 2019 zeigt für 2035 für Freiburg in der Hauptvariante ein leichtes Anwachsen der Bevölkerung (239.219 Einwohner*innen) – das wären also gerade mal knapp 3.000 mehr, als im Jahr 2021 hier wohnen werden: auch dies kann keine Rechtfertigung darstellen für den 15.000-Einwohner-Stadtteil Dietenbach!

Viele meinen: Wenn Wohnraum fehlt, muss eben verstärkt welcher gebaut werden. Dann passen Angebot und Nachfrage wieder besser zueinander, das entlastet dann den Markt und die Mieten/die Kaufpreise sinken. Alle sind glücklich.
Haben Sie das in Freiburg je erlebt? Nein. Warum funktioniert das so nicht?
– Weil die Baukosten immer schneller immer stärker steigen,
– weil die Nachfrage nicht nachlassen wird (weil es hier so schön sein soll und unendlich viele hierher ziehen wollen, weil mit der Ware Immobilie satte Renditen zu erzielen sind, weil die Zinsen so niedrig sind, weil so viel Kapital im Umlauf ist),
– weil die FWTM fleißig für den Immobilien-Standort Freiburg, wirbt, z. B. 08.-10.10.2018 auf der EXPO REAL in München, Europas größter internationaler Immobilienfachmesse,
– weil: je mehr gebaut wird, desto knapper, sprich desto teurer wird die Ressource Baugrund,
– weil der viele Neubau den Mietspiegel in die Höhe treibt.

Steueranreize für Bauherren führen leider auch nicht zu einer Absenkung des Mietniveaus, sondern nur zu höheren Renditen für den Bauherrn.

Tübingens OB Boris Palmer am 08.02.2019 in SWR aktuell: „So viel Wohnraum können wir gar nicht bauen, dass der Preis sinkt. Da müssten wir alle Täler zubauen, das will aber niemand.“


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Betongold

Besonders in Städten wird weiter nach wertbeständigem „Betongold“ gejagt und daher gebaut, was geht. Besonders in Berlin zahlen institutionelle Investoren aus dem Ausland oder vermögende Privatleute nahezu jeden Preis. Und selbst in Hochwasserregionen am Rhein, um die Städte Neuss, Leverkusen, Köln und Bonn, entstehen Villen und luxuriöse Mehrparteienhäuser – trotz gigantischer Immobilienpreise für exponierte Lagen und den Hochwasserschutz. Die Preise könnten 2019 langsamer klettern, sagte Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher Pfandbriefbanken, doch „eine harte Korrektur erwarten wir nach wie vor nicht.“ Dafür müssten Investoren in Scharen deutsche Immobilien meiden (Quelle).

Woran liegt es, dass auch 2018 die Landesmittel zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus nur zu 43 % abgerufen wurden?

Die Architektin und Stadtplanerin Christiane Thalgott fordert ein soziales Bodenrecht. Sie bezweifelt, dass Änderungen im Mietrecht noch helfen können, den Mietpreisanstieg zu bremsen – mit Immobilien lasse sich einfach zu viel Geld verdienen. Als frühere Stadtbaurätin von Kassel und München und Mitbegründerin der „Münchner Initiative für soziales Bodenrecht“ weiß sie, von was sie redet: Das Hauptproblem sei, dass es seit der Bankenkrise nur noch einen Bereich gebe, in dem man hohe Renditen erzielen könne, und das sei die Immobilienwirtschaft. Gerade mit der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen ließen sich im Jahr Renditen von vier bis 12 Prozent erzielen. Deutschland sei außerdem für ausländische Investoren ein attraktiver Immobilienmarkt-Markt, weil das Land stabil sei. „Demokratie ist gut für den Gewinn“, sagte Thalgott. Deshalb stellten Investoren hier ihre Geldsäcke ab – aber mit Wohnungsbau habe das nichts zu tun (Quelle).

Auch der Standort Freiburg ist bei Investoren aus dem In- und Ausland beliebt, siehe Investoren in Herderns Hanglage, das treibt die Mieten für alle Freiburger*innen in die Höhe. „Wir beobachten einen Anlagenotstand. Die Zinsen sind niedrig, die Leute wissen nicht, wie sie ihr Geld anlegen sollen. Immobilien sind für viele der sichere Hafen“, das beschreibt den Wunsch nach Eigentum. Doch weiß man: Hochpreisiger Neubau lässt die Mieten für die Allgemeinheit weiter steigen, was man an zukünftigen Mietspiegeln wird ablesen können.

Haben wir es also eher mit einem Anlagenotstand denn mit einer „Wohnungsnot“ zu tun? Die Sparkasse schreibt in ihrer Broschüre Bodenpreise 2018/19: „Gefragter Standort. Die Schwarzwaldmetropole im Breisgau, das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum am Oberrhein, gehört zur Wohlfühlstadt Nr. 1 in Deutschland. Mildes Klima, reizvolle Natur, hoher Wohn- und Freizeitwert zeichnen diese Stadt aus. Zuzüge aus ganz Deutschland belegen dies eindrucksvoll. Freiburg gehört zu den am schnellsten wachsenden deutschen Großstädten …
Die Beliebtheit der Stadt Freiburg führt zu einer überdurchschnittlich hohen Nachfrage externer Käufer. Liegt der Landesdurchschnitt bei ca. 10 %, so kommen in Freiburg ca. 40 % aller Käufer von auswärts!

Zwei Seiten einer Medaille:
Die eine Seite: OB Martin Horn kündigt an, im geplanten Gebiet Stühlinger-West keine gewinnorientierten Unternehmen berücksichtigen zu wollen; für Dietenbach: „die Verwaltung wird beauftragt, bei den weiteren Planungen des neuen Stadtteils folgende Ziele zu verfolgen: … Die Vergabe von rund einem Drittel der Wohnbauflächen an (vorwiegend Freiburger) Baugemeinschaften sowie die Vergabe der weiteren zwei Drittel vorzugsweise an die Freiburger Stadtbau, an Genossenschaften und nicht profitorientierte Bauträger“.
Die andere Seite: Die FWTM (Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH & Co. KG, ein Unternehmen der Stadt Freiburg) wirbt 8.-10.10.2018 auf der EXPO REAL in München, Europas größter internationaler Immobilienfachmesse kräftig für den Immobilien-Standort Freiburg. Der Stadtkurier berichtet: „Ziel des Freiburger Auftrittes war es, den Immobilien- und Wirtschaftsstandort Freiburg … bei Investoren und Analysten zu positionieren, Kontakte zu pflegen und neue Kontakte zu knüpfen … der Freiburger Bauträger Unmüssig präsentierte seine Projekte … Auch die Firma Gisinger präsentierte unter anderen ihr neues Projekt an der Habsburgerstraße auf der Immobilienfachmesse in München. Strabag vermarktete am Freiburger Stand die neuen Projekte an der Freiburger Bahnhofsachse und Kirschner Wohnbau zeigt das Projekt Quadriga am Güterbahnhof Nord in Freiburg.“ FWTM-Geschäftsführerin Hanna Böhme: „Die internationale Ausstellervielfalt, Qualität und Kompetenz, die sich auf dieser Immobilienmesse versammelt, ist beindruckend. Hier wird die gesamte Wertschöpfungskette der internationalen Immobilienbranche abgebildet.“

Beeindruckend ist auch die rege Bautätigkeit bei Ferienwohnungen in bester Lage: V7/Vauban, Moltkestr., Güterbahnhof, Friedrichstr., Waldkircherstr. etc. Wieso wird das alles genehmigt in Zeiten von großem Mangel an bezahlbarem Wohnraum?

Die Nachfrage nach Bauland treibt inzwischen erstaunliche Blüten: So hat 2017 ein Investor auf der Suche nach Kapitalanlagemöglichkeiten in „Betongold“ beim Vergabeverfahren Kronenmühlebach in Haslach 60 Jahre Bindungsfrist und 100 % geförderten Mietwohnungsbau zugesagt – selbst solche Bedingungen werden inzwischen als attraktiv und rentabel beurteilt. Das Problem wird dadurch jedoch nicht gelöst, sondern lediglich den Nachfolgegenerationen als Altlast aufgebrummt.

In diesem Zusammenhang interessiert auch die Ansicht von Oliver Kamenisch, Geschäftsführer der Sparkassen-Immobilien-Gesellschaft (im Interview mit dem Freiburger Wochenbericht 05.12.2018): „Wer ist denn derzeit in Freiburg die stärkere Käufergruppe: diejenigen, die selbst in der Immobilie leben möchten oder jene, die nach einem Investment mit soliden Mieteinnahmen suchen? “ – „Pauschal kann man das schwer sagen. Das Marktinteresse ist bei beiden Gruppen groß. Generell drängen gerade mehr Interessenten in den Markt hinein. Als die Zinsen noch nicht so niedrig waren wie jetzt, gab es für die Kapitalanleger Alternativen, jetzt ist der Immobilienmarkt für viele die erste Wahl. Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, es sind zwei Drittel Selbstnutzer und ein Drittel Kapitalanleger.“

„Auch Stiftungen haben wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase zu kämpfen. Die Erträge aus ihrem Kapital sind so gering, dass sie damit kaum noch ihre Stiftungszwecke erfüllen können … „Wenn die Zinsen so bleiben, reichen die Erträge da in der Regel nicht mal, um die laufenden Kosten zu decken … Finanzstarke Stiftungen … haben immerhin die Option, in Betongold umzuschichten – und tun‘s auch … Eine Rendite von bis zu vier Prozent scheine realistisch …“ (Quelle)

Zur attraktiven Anlagemöglichkeit sind heute auch die Modernisierungen geworden – § 559  BGB macht’s möglich: 11 % der Modernisierungskosten konnten bis Ende 2018 auf die Miete umgelegt werden, jetzt sind es noch 8 %.

Dietenbach: „Die private Wohnungswirtschaft allerdings werde nur investieren, wenn die zulässige Höchstmiete für den geförderten Wohnungsbau nicht zwingend aus dem Mietspiegel entwickelt werde – dann nämlich sei eine Rendite ausgeschlossen.“ (Quelle)

 

Folgende Äußerung vom Bürgerforum am 01.03.2018 (öffentliche Präsentation der vier Siegerentwürfe des städtebaulichen Wettbewerbs Dietenbach) dürfen Sie ruhig zwei Mal lesen: „Aus Sicht des Planungsteams bedeutet höhere Dichte nicht automatisch, dass der Wohnraum kostengünstig ist. Velmehr kann auch dichte Bebauung durchaus attraktiv sein.“


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Bezahlbar

Alle reden davon, aber was ist eigentlich “bezahlbar” beim Thema Mieten? Das Pestel-Institut sagt: “Als “bezahlbar” gilt nach den allgemein anerkannten Maßstäben des Eduard-Pestel-Instituts eine Nettokaltmiete, für die maximal 30 Prozent des verfügbaren Haushaltsnettoeinkommens aufgebracht werden muss. Als Berechnungsgrundlage dient eine Verdopplung des örtlichen Satzes der SGBII-Leistungen. Dazu gehören neben dem bundesweit einheitlichen Hartz IV-Regelsatz auch regional unterschiedliche Leistungen wie Wohngeld. Deshalb ergeben sich unterschiedliche Werte.” Hier nachzulesen.

Für Freiburg errechnet sich demnach ein Wert von € 6,41 Kaltmiete (Marc Ullrich, Vorstandsvorsitzender Bauverein Breisgau eG, Vortrag am 23.06.2018 im Samstags-Forum: hier seine relevanten Folien).

Den Beweis in Zahlen dafür, dass Dietenbach ziemlich unbezahlbar wird, finden Sie hier, schlüssig, nachvollziehbar und unterhaltsam von einer Leserin dieser Website erklärt: Dietenbach – 2 x 3 macht 4 Widdewiddewitt und Drei macht Neune

Und hier noch eine ganz besondere Absurdität: Vermieter, die Wohnraum besonders preisgünstig vermieten (ja, auch das gibt es …), werden vom Staat rüde zur Ordnung gerufen: im Zuge der Steuererklärung weist das Finanzamt sie darauf hin, dass aufgrund der niedrigen Miete keine Gewinnerzielungsabsicht erkennbar vorhanden sei, sie also nicht das Recht haben, die im Zuge der Vermietung angefallenen Auslagen und Ausgaben steuerlich abzusetzen. Die Vermietung sei quasi ja nur so eine Art privates Hobby.

Auch dies ist absurd: Diplom-Ingenieur Patrick Hangs sagt, es sei wegen größtenteils überzogener Vorschriften “unmöglich, günstigen Wohnraum zu schaffen.” “Wenn wir Planer sämtliche Vorschriften einhalten, wozu wir verpflichtet sind, ist es unmöglich geworden, “günstigen” Wohnraum zu schaffen.”
Hier sein gesamter Leserbrief vom 28.6.2018.

Dass es doch geht, bezahlbaren Wohnraum im Neubau zu schaffen und auf Dauer zu erhalten, macht uns das Freiburger Mietshäusersyndikat seit ca. 30 Jahren vor – es hat eine beispiellose bundesweite Erfolgsgeschichte vorzuweisen. Ihren Bauvorhaben im Dietenbach allerdings müssen wir konstatieren: Da habt ihr euch den falschen Ort ausgesucht … Das Syndikat würde allerdings auch gerne überall sonst in Freiburg bauen, wo sie halt zum Zuge kommen.

Juni 2016: Panorama hat mit Hilfe der “empirica-systeme Marktdatenbank” Hunderttausende Wohnungsangebote aus mehr als 100 Datenquellen zwischen Mai 2015 und Mai 2016 ausgewertet. Das Ergebnis ist verheerend: Der private Wohnungsbau, auf den die Politik ihre Hoffnungen setzt, schafft so gut wie keine bezahlbaren Mietwohnungen. 95,3 Prozent der privaten Neubau-Wohnungen in den 20 größten deutschen Städten sind für die Mehrheit der deutschen Mieter nicht bezahlbar. (Quelle)

Freiburg, im September 2019: Anstandslos, ja regelrecht unverfroren kommt vor diesem Hintergrund ein Bauprojekt der Caritas (!) daher: Als sozialer Träger baut sie „familienfreundliche und preiswerte“ Wohnungen in der Wiehre für 13 bis 16,60 €/m² (BZ vom 03.09.2019).


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Biodiversität

Drei von vier Menschen in Deutschland leben heute in Städten. Sie sollten die Möglichkeit haben, Natur unmittelbar zu erleben. Freiflächen und Stadtgrün bekommen eine immer höhere Bedeutung für Artenvielfalt, Gesundheit und Erholung. Unsere Städte sind oft artenreicher als wir denken, doch zunehmender Flächenverbrauch und fehlender Grünraumschutz gefährden diese Vielfalt. Daher ist das bundespolitische Ziel, den Flächenverbrauch in Deutschland bis 2020 auf höchstens 30 Hektar pro Tag zurückführen. Innenverdichtung und der Erhalt von Brach- und Freiflächen müssen abgewogen werden. Die Wertschätzung von Stadtgrün, zu dem neben Parks und Gärten auch Brachen, Dächer und Fassaden gehören, muss gestärkt werden.

Leider fehlen finanzielle Anreize zum Flächensparen und verbindliche Regeln, die den Flächenverbrauch einschränken. Der dramatische Verlust an biologischer Vielfalt ist eine der zentralen globalen Herausforderungen der Gegenwart. Wir fordern die Bewahrung der Biodiversität als einen Schwerpunkt des politischen Handelns ein. Als Teil der Natur kann der Mensch nur leben, wenn er seine natürlichen Lebensgrundlagen bewahrt. Die Vielfalt der Natur, den Reichtum ihrer Arten und die unwiederbringliche Eigenart naturnaher Landschaften schützen wir aber nicht nur um des Menschen willen, sondern auch aus Respekt vor ihrem Eigenwert.

Das Naturerbe der Menschheit ist unveräußerbar und muss für nachfolgende Generationen erhalten werden. Jede Generation trägt die Verantwortung für die Erhaltung der bestehenden Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten, genetischen Informationen, Ökosystemen und Landschaften, damit die Zukunftschancen jetziger und kommender Generationen erhalten bleiben. Alle umweltrelevanten Entscheidungen, deren Folgen den Zeitraum einer Generation überschreiten oder irreversibel sind, müssen daher auf ihre Generationenverträglichkeit überprüft werden.

Unter dem Stichwort “Biodiversität” sei hier noch ein besonderes Vorkommnis aus jüngster Zeit erwähnt (siehe dazu auch unser Blogbeitrag vom 23.10.2018): Da hatte doch die Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN zum Erhalt der Biodiversität einen Ergänzungsantrag für die Gemeinderatssitzung am 10.07.18 vorgelegt. Die darin propagierte stadtweite “Zwangsökologisierung” (bestehende Pachtverträge mit der Stadt sollen ab 2020 gekündigt werden können, wenn die Pächter Pestizide verwenden) sorgte für viel Kopfschütteln und Ablehnung, vor allem auch in den Ratssitzungen mehrerer Ortschaften. Die Pachtflächen sollen nur noch an Biobetriebe gehen – die Umstellung eines konventionellen Betriebs auf Bio dauert aber mindestens fünf Jahre. Die BZ formulierte: “Das Thema Biodiversität wurde vertagt – in letzter Minute. Die Idee der Grünen wäre mit den Bauern nicht zu machen gewesen, zu lange dauert die Umstellung. Darf ausgerechnet den Grünen so etwas passieren?” Auf der Website der BI Pro Landwirtschaft und Wald finden Sie ausführliche Hintergrundinformationen zum Vorstoß der Grünen mit dem Fokus auf Landwirtschaft.

Und hier mit Dietenbachbezug: Nicht nur die Grünen, auch die Stadtverwaltung hackt auf den konventionellen Landwirten herum. In Drucksache G-18/114 Anlage 2 heißt es: „Nur landwirtschaftliche Nutzflächen, die ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und ohne Kunstdünger bewirtschaftet werden, können ein Schutzgut der Umweltverträglichkeitsprüfung darstellen. Weil die ca. 116 ha landwirtschaftlichen Nutzflächen im Planungsgebiet Dietenbach weit überwiegend konventionell intensiv bewirtschaftet werden (nur rd. 7 ha werden ökologisch bewirtschaftet) kann ihnen im Umweltbericht zur SUP keine bedeutende Schutzwürdigkeit beigemessen werden …
Ackerbaulich genutzte Böden sind keinesfalls natürlich, sondern durch die landwirtschaftliche Nutzung erheblich in ihrer Struktur im Chemismus und auch in der Artenzusammensetzung der Bodenlebewesen verändert. Bei konventioneller Ackerbewirtschaftung werden die Böden sehr stark in ihren ökologischen Funktionen beeinträchtigt und zudem werden auf ihnen wild lebende Tiere und Pflanzen sowie das Grundwasser geschädigt.”

Eine internationale Studie der TU München 2014 kommt zu folgendem Schluss: „Bedeutet ökologischer Landbau auch eine größere Artenvielfalt? Im Prinzip ja, doch ist neben der Art und Intensität der Bewirtschaftung auch die Anzahl an unterschiedlichen Lebensräumen entscheidend. Dies ist das Ergebnis einer internationalen Studie, die zehn europäische und zwei afrikanische Regionen untersucht hat und in Nature Communications erschienen ist. Auch Öko-Betriebe müssen Artenvielfalt gezielt fördern, indem sie zum Beispiel zusätzliche artenreiche Lebensräume erhalten.” Im Dietenbach haben wir Lerchenfenster, blühende Ackerrandstreifen und Zwischensaaten sowie Brombeerhecken und andere Hecken, die der Biodiversität dienen. Da wär noch viel mehr drin, aber diese Chance gibt man den Landwirten nicht. Es wird gebaut!

September 2019: Zum Insektensterben in Baden-Württemberg sagt Umweltstaatssekretär Andre Baumann: „Wir haben eine zutiefst besorgniserregende Entwicklung … Insekten übernehmen Schlüsselfunktionen im Ökosystem. Sie zersetzen abgestorbene Materialien, erhalten die Bodenfruchtbarkeit und sind ein wesentliches Glied der Nahrungskette. Allein der Wert der durch Insekten bestäubten Nutzpflanzen beläuft sich weltweit jährlich auf geschätzte 235–577 Milliarden US Dollar. Umso erschreckender ist der Insektenschwund und umso wichtiger ist es, dass wir alles tun, um ihn aufzuhalten.” (Quelle)
Leider soll laut öffentlicher Wahrnehmung allein die Landwirtschaft schuld sein. Fast nie wird der zweite entscheidende Einflussfaktor dieser Entwicklung genannt: der Flächenverbrauch!
Immerhin titelte Wulf Rüskamp am 05.10.2019 im BZ-Leitartikel zum Volksbegehren Artenschutz in Baden-Württemberg: “Der Landwirt ist es nicht alleine”.


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Boden

Boden ist kein Erzeugnis, keine Ware, er lässt sich nicht herstellen, schon gleich gar nicht vermehren oder nachkaufen, wenn er “verbraucht”, sprich überbaut ist. Boden ist eine endliche Ressource. Und er ist ein Erbe der Menschheit. Wir haben ihn nur ausgeliehen von den Generationen, die nach uns folgen.

Die „Münchner Initiative für soziales Bodenrecht“ ist der Meinung, angesichts der Veränderungen am Markt werde ein soziales Bodenrecht nötig. Sie sieht angesichts des Wachstums der Städte vor allem die Bodenpolitik als Dreh- und Angelpunkt einer sozial gerechten und nachhaltigen Stadtentwicklung. Für sie ist Boden kein Gut wie jedes andere, sondern vergleichbar mit Wasser und Luft – unverzichtbar für das menschliche Dasein. Daher verbiete es sich, Boden dem freien Marktgeschehen zu überlassen (Quelle).

Video “Wenn der Boden schwindet”

Daraus zitiert:
“Fruchtbarer Boden ist endlich. deshalb ist er unendlich wertvoll.”
“Prognosen zufolge wird sich das für jeden Erdbewohner verfügbare Ackerland bis 2050 halbieren.”
“Wir heben Geld ab von einem Konto, auf das wir nie einzahlen.”

Es ist dringend an der Zeit, Ökosystemdienstleistungen des Bodens ökonomisch zu bewerten.

Franz Alt im Februar 2019 über die Bedeutung des Bodens:.”Die Bodenkrise ist die am meisten unterschätzte Krise unserer Zeit. Der Boden ist das vergessene Medium – auch in der Umweltpolitik und oft auch in der Umweltbewegung. Wer weiß schon, dass in einer Handvoll Boden mehr Lebewesen existieren als Menschen auf der Erde leben? Wer bedenkt schon, dass der kleine Regenwurm der „biologische Superstar“ (Christiane Grefe) im Untergrund ist?

Alles Leben lebt von einer circa 30 Zentimeter dünnen Bodenschicht unter unseren Füßen. Ohne fruchtbare Böden gibt es keine Zivilisation: Kein köstlicher Wein und kein sauberes Wasser, kein Brot und keine Butter, kein Mehl und kein Mahl, kein Rasen und keine Rose, keine Flora und keine Fauna.

Wenn wir bleiben wollen, sagt Ernst Ulrich von Weizsäcker, müssen wir vieles ändern, vor allem unsere bisherige Bodenpolitik …. ”

Anlässlich des Weltbodentags hebt der Deutsche Bauernverband (DBV) die Bedeutung der Böden für den Klimaschutz hervor. „Für die Bauern steht der Boden nicht nur am „Tag des Bodens“ im Mittelpunkt, sondern 365 Tage im Jahr. Intakte und ertragreiche Böden sind nicht nur die Grundlage erfolgreicher und nachhaltiger Landwirtschaft, sondern auch ein wichtiger Kohlenstoffspeicher mit enormer Bedeutung für den Klimaschutz“, betonte der Generalsekretär des Bauernverbandes, Bernhard Krüsken. Die heute veröffentlichte Bodenzustandserhebung des Thünen-Instituts zeige, dass in landwirtschaftlich genutzten Böden rund 2,4 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in Form von Humus gebunden sind. Diese Menge sei laut Thünen-Institut genauso hoch wie das gesamte Kohlenstoff-Inventar der Wälder in Deutschland. Mit 96 Tonnen pro Hektar würden Ackerböden fast ebenso viel Kohlenstoff binden wie Waldböden mit 100 Tonnen. Das Ziel der Landwirte sei der Erhalt und die Erhöhung dieses Vorrats. Die Bodenzustandserhebung zeige auch, dass bei ackerbaulicher Nutzung mehr als ein Drittel des organischen Kohlenstoffs im Unterboden gebunden ist. Die Funktion des Bodens als CO2-Senke gelte es auch im Rahmen der europäischen Agrarpolitik zu fördern, so Krüsken. Denkbar ist eine Reihe von Maßnahmen, die zur Verbesserung des Bodenhumus beitragen.

Hier gibt es viele interessante Informationen zum Thema Boden:
http://www.biprolandwirtschaft.de/warum-boeden-so-wertvoll-sind/


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Bürgerbeteiligung: Wurden SIE gefragt?

Am 24. Juli 2018 hat der Gemeinderat mit 39 Ja- zu 4 Nein-Stimmen (keine Enthaltungen) für eine Bebauung von Dietenbach gestimmt. Zwei unabhängige, nicht repräsentative BZ-Umfragen unter der Bevölkerung kommen dagegen zu einem anderen Ergebnis:  Sie sehen etwa gleich viele Befürworter und Gegner.
Das Missverhältnis zwischen Gemeinderatsentscheidung und Bürgermeinung ist einer der Gründe, die uns veranlasst haben, auf einen Bürgerentscheid hinzuwirken.
Im Ortschaftsrat Freiburg-Lehen wurde der Neubaustadtteil Dietenbach am 18.07.2018 mit 5:1:1 abgelehnt, nachdem man sich gut informiert hatte. Im Gemeinderat am 24.07.2018 wurde dies mit keinem Wort erwähnt.

Der Freiburger Gemeinderat hat überraschend einmütig abgestimmt. Da fällt uns das Wörtchen “soll” ein, das wir in einem Satz des städtischen Infobriefs Nr. 5 vom 26. Juni 2018 zum Projekt Dietenbach gelesen haben, also einen Monat vor der Abstimmung: “Im Juli 2018 soll der Gemeinderat die Satzung zur städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme beschließen und den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan fassen.”

Wir freuen uns über die vielen sehr interessanten Gespräche und Reaktionen, die in den Wochen des Bürgerbegehrens stattgefunden haben. Und wissen, dass der Bürgerentscheid erst recht zu Debatten und Politisierung in der Bevölkerung führen wird. Davon lebt Demokratie.

Wenn die öffentliche Hand Großprojekte an der Bevölkerung vorbei durchsetzen will, entsteht heutzutage, was wir seit gut zehn Jahren bei Stuttgart 21 erleben: Ein gesellschaftliches Desaster. Dass es auch anders geht, beweisen unsere Schweizer Nachbarn. Der Gotthard-Tunnel wurde auch teurer als geplant. Aber dort gab es eine öffentliche Debatte und eine Volksabstimmung zu der Frage, ob das okay sei. Heute ist der Gotthardtunnel fertig und funktionsfähig. Auf deutscher Seite kennen wir alle die Debakel beim zähen Vorankommen der Rheintalbahn mit 3. und 4. Gleis.

Übrigens: Was die Stadt beim Projekt Dietenbach “Öffentlichkeitsbeteiligung” und “Bürgerdialog” nennt, ist ein gesetzlich vorgeschriebener Prozess, innerhalb dessen sich ausgewählte Bürger*innen (hier: weniger als 0,07 % der Bevölkerung) zum “Wie” äußern dürfen. Er bedient darüber hinaus auch noch andere Interessen, siehe Zitat unten. Das hat nichts mit echter Beteiligung zu tun. Die weitaus wichtigere “Ob”-Frage wurde nie an die Bevölkerung gerichtet. Bei einem Projekt dieses Ausmaßes, vor allem bezüglich Größe und Art der Fläche sowie bezüglich der immensen Kosten für uns alle ist das mehr als unverständlich.

G-15/151: “Beteiligungs- und Kommunikationskonzept zum Projekt „Neuer Stadtteil“, Ausgangslage: Um eine positive Grundstimmung zum Bau des neuen Stadtteils Dietenbach in der Bürgerschaft zu erzeugen, ist es wichtig, die Argumente für seine notwendige Entwicklung in der Bürgerschaft zielgruppenorientiert zu kommunizieren.”


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Dietenbach käme zu spät

Bericht der vorbereitenden Untersuchungen (G-18/114, Anlage 1, S. 141 ): Phase der Aufsiedlung, d. h. Bezugsfertigkeit von Gebäuden sei 2026 bis 2042.

Die ersten Häuser könnten dort nicht vor 2026 fertiggestellt werden. Im Innenbereich dagegen kann zeitnah Wohnraum entstehen. Ohne Hochwassergefahr, Flächenverbrauch, teure Erschließung und Infrastruktur, z.B. Zähringen-Nord 1.400 Wohneinheiten, (WE), Westteil-Güterbahnhof 650 WE, Gebiete aus dem FNP 2020, sozial-ökologischer Umbau von Stadtteilen wie Auf der Haid, Mooswald, Haslach-Schildacker. Auch Großparkplätze überbauen, das Aufstocken und Ausbauen von Dachgeschossen bringt neuen Wohnraum ohne Versiegelung von Grünland. Aktuelle Beispiele sind die dreigeschossigen Häuserblocks in der Belchenstraße 24-28 und 30-34 der Stadtbau: Sie wurden innerhalb von eineinhalb Jahren modernisiert und um eine Etage aufgestockt. Durch die neue Etage entstanden pro Gebäude sechs weitere Drei-Zimmer-Wohnungen. Auf die gleiche Art werden auch die Gebäudeblöcke in der Belchenstraße 12-16 und 18-22 aufgestockt. Um die Ecke, in der Drei-Ähren-Straße, gäbe es weitere Häuserzeilen, die sich fürs Aufstocken eignen würden. Ein anderes Beispiel ist die Aufstockung in der Lichtenbergstr. 3-5, wo der Bauverein 13 neue Wohnungen plant.

Eine Studie der TU Darmstadt von 2016 kommt zu dem Schluss, dass bundesweit 1,5 Mio. neue Wohnungen durch Dachaufstockung möglich seien. Umgerechnet auf Freiburg ergibt sich ein Potential von ca. 4.000 neuen Wohnungen durch Dachaufstockung. Laut den Zahlen, die auf der LDK der Grünen 10/2018 genannt wurden, wären sogar 5.569 Wohnungen möglich. Pure Theorie? Nein, eine echte Chance zum Ausstieg aus der unreflektierten Flächenverbrauch-Spirale.

Wie gesagt: Die ersten Häuser könnten in Dietenbach nicht vor 2026 fertiggestellt werden. Da bereits jetzt ein großer Mangel an verfügbaren Handwerksbetrieben herrscht, darf man durchaus mit weiteren Verzögerungen rechnen. Es wird auch Klagen gegen Enteignung und andere Verfahrenspunkte geben – mit der Option, dass eventuell überhaupt nicht gebaut werden darf.


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Enteignung

Im Plangebiet gibt es rund 450 private Eigentümer*innen, auf 422 privaten Grundstücken. 20-25 % der Eigentümer haben sich bis jetzt noch nicht verkaufswillig gezeigt. Wer nicht verkauft, wird enteignet, mit der Rechtfertigung: Allgemeinwohl und “Wohnungsnot”. Geeignetes betriebsnahes Ersatzland gibt es nach Dafürhalten der Landwirte nicht: die Stadt hat nach eigenen Angaben zwar bislang 39 ha für diesen Zweck an der Hand (teilweise durch Entpachtungen von anderen Landwirten, der bekannte Dominoeffekt), die Flächen liegen aber verstreut über das gesamte Stadtgebiet und sind z.T. auch von minderer Qualität. Soll ein Landwirt aus St. Georgen etwa mit seinem Trecker zwischen Ebnet, Benzhausen und Waltershofen hin- und hertuckern? Völlig unakzeptabel.

Die Stadt will im Zuge der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) die nicht verkaufswilligen Eigentümer-Landwirte nach § 165 Abs. 2 BauGB enteignen. Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertige die Enteignung.
Wieso ist es zum Wohl der Allgemeinheit, wenn für 15.000 Neubürger auf der grünen Wiese unbezahlbarer Wohnraum erstellt wird, an dem sich Banken-, Immobilienwirtschaft und Kapitalanleger goldene Nasen verdienen? Wieso ist es zum Wohl der Allgemeinheit, wenn wir Erholungslandschaft, fruchtbare Äcker, blühende Wiesen, vogelartenreichen Wald, Klimafinger zerstören?

(“zerstören” sagt man eigentlich nicht, das wertet, das ist nicht so ganz politisch korrekt, nicht wahr? leider gibt es keinen besseren Terminus für die geplante Orgie der Zerstörung von Naturgütern – und beim Namen sollte man das Kind schließlich nennen)

Gemeinderatsdrucksache G-18/115: “Die Stadt beabsichtigt, gegenüber den Eigentümerinnen und Eigentümern, die nicht bis zum 31.12.2018 dem Kooperationsmodell beigetreten sind …, unverzüglich die notwendigen Maßnahmen für eine Einzelenteignung einzuleiten.”

In der BZ vom 20.07.2018 wird Prof. Rüdiger Engel, Leiter Projektgruppe Dietenbach, zitiert: Seiner Erfahrung nach finden sich durch den Enteignungsdruck meist auch noch im späteren Prozess andere, einvernehmliche Lösungen.

Ergänzung 07.03.2020: Laut Aussage von Ingmar Roth, Geschäftsführer der EMD (Sparkassen-Gesellschaft Entwicklungsmaßnahme Dietenbach) werde die Stadt ab April 2020 die Enteignungsverfahren gegen vier nicht zum Verkauf bereite Eigentümer einleiten.

Einer unserer Unterstützer findet diese Worte: “Wenn es im Rahmen einer SEM möglich ist, Bauern zu enteignen (!), dann müssten auch Optionen geöffnet werden, um beispielsweise Gewerbetreibenden so ins Gewissen reden zu können, dass sie einer Umwandlung in ein urbanes Mischgebiet zustimmen – vor allem dann, wenn es genau die Gewerbetreibenden sind, die sich beklagen, dass sie wegen fehlender Wohnungen in Freiburg keine MitarbeiterInnen mehr finden.”

Im Leserbrief von Peter Martin “Die Anstrengungen erfolgen nur halbherzig” am 11.02.2019 heißt es:
„Kann eine Stadt, die sich ein riesiges, stadteigenes, trockenes, innenstadtnahes Areal leistet, auf dem Platz ist für ein Stadion mit 2500 Parkplätzen drumherum in Sichtweite zu 3500 Parkplätzen der Neuen Messe und Hobby-Flugverkehr, den Mangel an Bauflächen als Rechtfertigung für Enteignungen von Landwirten und die Zerstörung von Ackerflächen geltend machen?”


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Ernährung und regionale Produkte

Da, wo der neue Stadtteil hin soll, wird heute noch Ackerbau betrieben, werden Lebensmittel direkt vor unserer Haustür erzeugt. Fruchtbare Ackerböden gehören zu den wertvollsten Ressourcen der Menschheit. Gerne werben Gaststätten mit der Regionalität ihrer Küche, gerne wirbt die Stadt Freiburg mit ihren Wochenmärkten. Wie stellt sich das die Stadtgesellschaft vor: regionale Produkte fordern, aber regionale Äcker abschaffen? Steigende Importabhängigkeit ist die Folge, sie mindert die Krisenfestigkeit unserer Region bzgl. Ernährung und Handlungsfähigkeit, sie steigert ihre Verletzbarkeit. Die großflächige Vernichtung fruchtbarer Landwirtschaftsflächen stellt die Resilienz der Region in Frage.

Im Juli 2018 wurde in Freiburg ein Ernährungsrat gegründet. Vom 16. bis 21. Oktober 2018 fand weltweit und auch in Freiburg die “Aktionswoche Ernährungssouveränität” statt (hier das Programm). Schirmherr OB Horn sagt dazu: “… Gutes Essen für alle … Ein wichtiger Schritt dabei ist die Forderung nach mehr Demokratie in unserem Ernährungssystem … damit mehr regionale ebenso wie fair produzierte Güter auch den Endverbraucher erreichen. Lebensmittel dürfen nicht mehr nur als Ware gesehen werden …”. Er spricht uns damit aus dem Herzen, ergänzen möchten wir:
– auch Wohnungen dürfen nicht mehr nur als Ware gesehen werden
– ein Bürgerentscheid zum Erhalt der Landwirtschaft im Dietenbach ist das beste Beispiel für mehr Demokratie in Sachen  Ernährung und regionale Erzeugung
– von den Äckern im Dietenbach kommen 100 % regional und fair produzierte Güter

Wussten Sie schon, dass Baden-Württemberg schon heute nahezu die Hälfte aller Lebensmittel importieren muss? Dürrezeiten wie 2018 werden zukünftig häufiger und die Ernteerträge deutschlandweit zurückgehen.

Ein Unterstützer schrieb uns im Februar 2019:
Es sollte jedem Bürger bekannt sein, dass die landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland heute (und schon länger) nicht ausreichen um die 82 Mio. Einwohner zu ernähren. Vor diesem Hintergrund ist JEDER weitere Flächenverbrauch für Straßen, Häuser, Gewerbe … strikt abzulehnen und im Grunde auch gegen das Grundgesetz. Dort heißt es nämlich, dass die Lebensgrundlagen zu erhalten sind (Art. 20a GG). Ich denke, die zur Ernährung notwendige Fläche sollte zu den Lebensgrundlagen gehören! Wir können leider nicht davon ausgehen, dass wir uns den Zukauf von Lebensmitteln aus dem Ausland dauerhaft so locker wie heute leisten können. Dann sollen die Leute doch am Betongold runter fressen…! Das Gleiche gilt übrigens für Wald (Holz). Auch hier sind wir auf Importe angewiesen, weil wir mehr Holz (Papier) verbrauchen, als nachhaltig in unseren Forsten (Wälder sind das meist keine!) nachwächst.
Ich hoffe, dass die Bürger so schlau sind, die einzig richtige Entscheidung zu treffen – nämlich gegen die sinnlose Bebauung! Es müsste inzwischen dem dümmsten Bürger klar sein, dass die Welt – weil eine Kugel – endlich ist. Auch die Flächen Freiburgs sind endlich. Die Wachstumsgrenze ist bereits überschritten!
Freundliche Grüße und viel Erfolg”


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Ersatzflächen

Die Stadt ist verpflichtet, den Landwirten 70 Hektar Ersatzflächen zu geben. Trotz jahrelanger Suche hat sie aber nur 39 Hektar anzubieten. Dafür wurden wiederum anderen Landwirten die Pachtverträge von der Stadt gekündigt. Die Ersatzflächen liegen über die gesamte Stadt verteilt und im Umland. Wie sollen diese Distanzen im Arbeitsalltag per Traktor bewältigt werden? Das ist nicht praktikabel und geht völlig an der Realität vorbei, denn die Betriebsflächen müssen in Hofnähe liegen. Teilweise handelt es sich auch um minderwertige Flächen. Die Lage ist hoffnungslos, denn es ist kein Ackerland mehr auf dem “Markt” zu haben. Es ist schon zu viel überbaut.
Die Stadt darf über SEM (Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme) nur dann enteignen, wenn sie für Ersatz sorgt. Dafür sehen wir in absehbarer Zeit keine Möglichkeit der Umsetzung. Unausweichliche Folge werden kostspielige und zeitintensive Gerichtsverfahren aufgrund von Klagen der Betroffenen sein.

Vor diesem Hintergrund mutet es fast schon zynisch an, wenn Baubürgermeister Haag am 11.01.2019 beim Neujahrsempfang in Lehen sagt: “Klar sei zwar … dass die Landwirte, die die Dietenbach-Flächen nutzen, erstmal benachteiligt seien – doch für die Hälfte seien Ersatzflächen gefunden worden, für die anderen würden noch welche aufgetan.” Wo werden diese liegen und wann werden sie “gefunden”? Alles noch völlig unklar. Die Stadt spekuliert hier vorwiegend auf Hofaufgaben, die aus Rentabilitätsgründen und/oder Altersgründen bevorstehen KÖNNTEN. Die regionale Kleinbauernschaft ist am Sterben – und Stadtverwaltung, Fraktionen, Parteien, allen voran paradoxerweise die Grünen, bedauern öffentlich mit leidender Miene den fortschreitenden Flächenverbrauch und “müssen das verantworten”. Es ist wie mit dem Klimaschutz und der Nachhaltigkeit: alle reden davon, setzen jedoch unbeirrt weiter auf expansives Wachstum (statt auf Reduktion) – sehenden Auges ins Verderben, nach mir die Sintflut … Wann werden wir endlich tun, was wir wissen?


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Flächenverbrauch

Der weltweite Druck auf Landfläche als natürliche Lebensgrundlage hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Landfläche als Grundlage für Ökosysteme und Artenvielfalt schwindet am schnellsten, aber auch der Verlust von landwirtschaftlicher Fläche ist in mehreren Teilen der Welt von erschreckender Bedeutung. Forscher untersuchten weltweit die Veränderung der Landnutzung hinsichtlich der Artenvielfalt, der landwirtschaftlichen Nutzung, der CO2-Speicherung, sowie der Verstädterung in den Jahren 2000 bis 2010. Es ist die erste Studie, die räumlich aufgelöst diese Aspekte zusammenhängend und global untersucht.

Zwischen 1992 und 2015 nahmen bundesweit Gebäudeflächen um 21 % zu, Verkehrsflächen um 10 %. Dies geschah größtenteils auf Kosten der landwirtschaftlich genutzten Fläche (Umweltbundesamt 2018, Broschüre “Die Nutzung natürlicher Ressourcen”, S. 54).

Wofür wird die Fläche verbaut?
– 33 % Wohnen
– 24 % Verkehr
– 16 % Industrie und Gewerbe
– 27 % Erholung

Gebäude und Verkehrswege beanspruchen dauerhaft immer mehr Fläche, das hat viele negative Auswirkungen auf die natürliche Umwelt, auch auf die Landwirtschaft. Mehr Straßen und mehr Gebäude heißt auch steigender Material- und Energieaufwand für Bau und Erhalt, höherer Kraftstoffverbrauch mit einem höheren Ausstoß an Schadstoffen durch mehr Verkehr sowie mehr Lärm und die Zerschneidung und Verinselung der Lebensräume für die wildlebende Flora und Fauna.

Anhaltender Flächenverbrauch

“In der politischen und städtebaulichen Realität allerdings werden soziale und ökologische Zielsetzungen nicht selten getrennt voneinander verfolgt. Mitunter kollidieren die unterschiedlichen Agenden und daraus folgenden politischen Programme sogar miteinander. Die Bundesregierung hat in der Neuauflage ihrer Nachhaltigkeitsstrategie 2017 beschlossen, die Flächeninanspruchnahme bis 2030 auf 30 Hektar pro Jahr zu beschränken.

Mit dem im Jahr 2018 in Kraft getretenen Gesetz zum Baukindergeld indes, das Familien mit Kindern beim Kauf einer Immobilie durch staatliche Förderung unterstützt, schuf dieselbe Regierung ein Instrument, das die weitere Flächeninanspruchnahme eher stützt, als eindämmt. Denn insbesondere Familien mit Kindern investieren in besonders flächenintensive Ein- oder Zweifamilienhäuser in suburbanen Räumen.

Vor allem auf kommunaler Ebene geraten die unterschiedlichen Politikziele – klimafreundliches Flächensparen hier, Förderung von Familien und (Immobilien-)Wirtschaft dort – miteinander in Konflikt. Denn viele Kommunen wollen beides: Klimaschutzziele einhalten und neue Einwohnerinnen und Einwohner gewinnen. Für deren Niederlassungsentscheidung ist oftmals ausschlaggebend, wo Baufelder für Einfamilienhäuser ausgewiesen werden. Was dazu führt, dass Klimaschutzziele, wie ein sparsamer Umgang mit Flächen, zugunsten der aus fiskalischen Gründen notwendigen Gewinnung von Einwohnerinnen und Einwohnern kurzfristig hintangestellt wird.” (Michaela Christ, Jonas Lage (2020): Umkämpfte Räume. Suffizienzpolitik als Lösung für sozial-ökologische Probleme in der Stadt? In: Anton Brokow-Loga und Frank Eckardt (Hrsg.): Postwachstumsstadt. Konturen einer solidarischen Stadtpolitik. Oekom, S. 184-202)


Der im Jahr 2017 entgegen aller Nachhaltigkeitsziele sogar auf fast 69 Hektar angestiegene bundesweite tägliche Flächenverbrauch führt zum Verlust von Flächen für die Lebensmittelerzeugung und nachwachsende Rohstoffe. Ländliche Gebiete werden zersiedelt. Unzerschnittene Landschaftsräume, wichtig für unsere Tier- und Pflanzenwelt, gehen verloren. Oftmals gedankenlos werden künftige Entwicklungschancen oder Entwicklungsnotwendigkeiten preisgegeben, für die diese Flächen benötigt werden. Man denke hier nur an Maßnahmen, die zur Anpassung an den Klimawandel erforderlich sein könnten wie zum Beispiel Hochwasserschutz. Mit zunehmender Zersiedelung sinkt die Auslastung von Infrastrukturen. Diese Konsequenzen verstärken sich noch, wenn die Bevölkerung durch den demographischen Wandel schrumpft.

Zersiedelung ist somit auch aus ökonomischer und sozialer Sicht höchst fragwürdig: Sinkt die Siedlungsdichte, steigt der Aufwand pro Einwohner zum Erhalt der technischen Infrastruktur wie Versorgungsleitungen, Kanalisation, Verkehrswege und so weiter. Je geringer die Nutzerdichte, desto weniger rentabel sind auch öffentliche Verkehrsmittel. Die Folge: Das Angebot schrumpft. Damit steigt die Abhängigkeit vom motorisierten Individualverkehr, was den Ruf nach noch mehr Straßen (Entlastungsstraßen/Umgehungsstraßen) – und damit Flächenverbrauch – nach sich zieht und vieles mehr. Ähnliche Folgen treffen auch soziale Infrastrukturen, wie Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser.

Nicht vergessen werden dürfen allgemeine Umweltbelastungen wie Lärm, Luftverschmutzung, Verlust der biologischen Vielfalt etc. Sie steigen, wenn Siedlungsflächen und Verkehrsflächen zunehmen.

Eine forcierte Wohnbaupolitik mit großflächiger Vernichtung von wertvollen Bodenressourcen halten wir für nicht nachhaltig und wir lehnen sie als politisch unverantwortlich ab.

Maßnahmen gegen den Flächenverbrauch
Notwendig ist zum einen, den Flächenverbrauch wie geplant zu reduzieren. Zum anderen müssen bestehende Siedlungsflächen und Verkehrsflächen auch besser genutzt werden. Hierzu sind viele Maßnahmen denkbar, eine bundesweite Initiative zur Förderung der flächeneffizienten Urbanisierung muss dringend auf die Tagesordnung, auch im ländlichen Raum. Zum Beispiel: Eine nachhaltige Siedlungsentwicklung, die dem Prinzip “innen vor außen” folgt. Statt des Neubaus auf der “grünen Wiese” suchen Kommunen ihren Außenbereich zu schonen, indem sie auf verträgliche Art und Weise ihre Möglichkeiten zur Innenentwicklung (Brachflächen, Baulücken, Leerstände) ausschöpfen. Gleichzeitig kann dabei für ein verbessertes Stadtklima gesorgt werden. Es bedarf neuer beziehungsweise veränderter ökonomischer Instrumente (zum Beispiel im kommunalen Finanzausgleich, im Grundsteuerrecht und Baulandsteuerrecht, durch handelbare Flächenzertifikate), Entsiegelungs- und Renaturierungskonzepte, Management für Brachflächen, Verkehrsberuhigung sowie vieles mehr. Instrumente, die dem Flächenschutz zuwiderlaufen, sind zu überdenken. Dies gilt selbst dann, wenn sie in der Bevölkerung äußerst populär sind wie die – inzwischen eingestellte – Eigenheimförderung oder auch die Pendlerpauschale. Hier gilt es, alternative Möglichkeiten für den gebotenen sozialen Ausgleich zu entwickeln.

Mehr Nachhaltigkeit der Bauland- und Bodenpolitik wird im Beschluss des Oberbürgermeister-Dialogs Nachhaltige Stadt vom 14. Juni 2018 von 18 Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern gefordert: aus Dortmund, Erfurt, Friedrichshafen, Heidelberg, Karlsruhe, Kirchheim unter Teck, Köln, Leipzig, Lörrach, Ludwigsburg, Lüneburg, Münster, Norderstedt, Nürnberg, Osnabrück, Ravensburg, Tübingen und Wernigerode: „Um Wohnraum bezahlbar halten oder machen zu können, müssen wir neue Wege im Wohnungsbau gehen, denn die Fläche ist ein knappes Gut. Wir können und wollen der Raumnot wachsender Städte nicht einfach mit dem Bauen auf dem Acker begegnen, gleichzeitig aber die Lebensqualität in unseren Städten sichern. Der Boden spielt für die zukunftsfähige, gerechte und integrative Entwicklung unserer Städte und unseres Landes eine zentrale Rolle.“ Den gesamten Wortlaut des Beschlusspapiers finden Sie hier.

Wir fragen uns: Warum ist Freiburg nicht vertreten? Sollen wir uns damit zufriedengeben, was uns sieben Freiburger GR-Fraktionen in ihrem Schreiben vom 18.12.2018 an die Bevölkerung anbieten? „Wenn man Flächen verbraucht, muss man das verantworten. Wir tun das, weil Dietenbach auch die große Chance ist langfristig preiswerten Wohnraum zu schaffen …“ Und was ist, wenn die “große Chance” am Nein der Sparkasse zerschellt? Gemeinderät*innen (die bekanntermaßen in regelmäßigem Turnus ausgetauscht werden, aktuell in Freiburg in wenigen Monaten bereits, nämlich bei der Kommunalwahl im Mai 2019 …) “verantworten” diesen für die Ewigkeit beschlossenen Frevel an der Natur? Weil sie wissen, dass sie nie zur Rechenschaft gezogen werden?

Hier in Freiburg sagen auch die Grünen, man benötige Wachstum und müsse sich „das Land zu eigen machen“ – so die die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Frau Viethen, am 24.7.2018 im Gemeinderat.

Ein Universitätsprofessor äußert sich im Februar 2019 folgendermaßen: “… Viel wichtiger ist ohnehin, dass heute nicht derjenige Vorbild ist, der baut, sondern der, der nicht baut und andere Lösungen findet (das kann auch ein Verzicht sein; als die wesentliche Säule der Nachhaltigkeit). Das ist oft weniger spektakulär, aber das Mantra Bauen-Bauen-Bauen fahren wir nun schon seit Jahrzehnten und sind in Deutschland damit bei über 14% Siedlungs- und Verkehrsfläche angelangt. Alleine von 1992 bis 2016 gab es eine Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche von 40.300 km² auf 49.300 km², die in keiner Relation zum tatsächlichen Bevölkerungszuwachs steht. Die Knappheit des Gutes Fläche steigt also immer weiter an, ohne dass irgendwie absehbar wäre, dass die politischen Ziele der Reduktion des Flächenverbrauchs auch nur ansatzweise erreicht werden könnten (Ursache 1. Ordnung =Wachstumszwang). Aktuell leben wir in einer Überflussgesellschaft auf Kosten anderer – und wir haben Optionen, wie sie nie (!) da waren. Nichts ist alternativlos – auch nicht der Flächenfraß in Freiburg.”


Befürworter des neuen Stadtteils (z. B. Baubürgermeister Haag, Gemeinderatssitzung 24.07.2018: „Mit diesem Stadtteil sind wir flächensparend, ökologisch und sozial!“ oder auch Projektleiter Rüdiger Engel in BZ vom 25.10.2018) betonen, es sei allemal besser, im Dietenbach kompakt zu bauen, als mit deutlich mehr Flächenverbrauch und MIV-Aufkommen im Umland. Leider hinken solche Vergleiche immer. Zunächst einmal ist das ein billiges Schlimmer-geht-immer-Argument. Des Weiteren sei es ergänzt:

– Die im Umland wohnenden vielzitierten “jungen Familien” können in ihrer Freizeit zu Fuß von der Haustüre ausschwärmen – die Dietenbacher*innen aber würden in Ermangelung von Naherholungsflächen mit Hund und Familie per Auto weit weg ins Grüne fahren – vor allem auch deshalb, weil sie es nötig haben: schließlich gäbe es in ihrem Quartier verkehrsbedingt schlechtere Luft und höhere Lärmbelastung – und 15.000 ebenfalls ausschwärmende Nachbarn …

– Wird im Umland gebaut, so muss nicht erst ein teures Regenrückhaltebecken im Bohrertal erstellt und das Gelände im Dietenbach nicht erst 2-3 Meter aufgeschüttet werden

– Wird im Umland gebaut,  so dürften sich weder Vogelschutzgebiet noch Naturschutzgebiet in unmittelbarer Nähe zu 15.000 Einwohner*innen befinden und Gefahr laufen, nachhaltig geschädigt zu werden

– Wer im Umland wohnt, ist nicht im “lärmangepassten” Stadtteil Dietenbach einem verkehrsbedingten Dauergeräuschpegel ausgesetzt

– Der Verweis, dass anderenorts noch weniger flächeneffizient gebaut wird, stimmt zumindest in Nullzinsphasen nur bedingt bis gar nicht. In Nullzinszeiten ist derart viel Kapital auf der Suche nach lukrativen Anlagemöglichkeiten unterwegs, dass auch im Umland JEDER sich bietende Quadratmeter bebaut wird – unabhängig davon, was in der Dietenbachniederung passiert oder nicht.

– Auch das Umland wird lernen müssen, wesentlich flächensparender zu bauen als bisher – keine Gemeinde wird es sich künftig mehr erlauben können, zu bauen, wie es der Leiter des Umweltschutzamtes Klaus von Zahn am 03.12.2018 im Bürgerhaus Seepark als Horrorszenario ausschmückte: “Wenn die rund 6.000 Wohnungen nicht in Dietenbach, sondern im Umland gebaut werden, ist der Flächenverbrauch fünf Mal so hoch”. Das flächenintensive Bauen im ländlichen Raum muss über Änderungen der entsprechenden Gesetze unterbunden werden. Immerhin: Auch die Umlandgemeinden bauen inzwischen 4-stöckig und mehr – Beispiele aus 2018 (BZ): Breisach, Staufen, Schallstadt …

– die Stadt Freiburg vergibt ja selbst seit 2017 Flächenkontingente zur Bebauung an die Umlandgemeinden! Und zwar im Rahmen des sog. Kooperationsmodells zur Siedlungsflächengewinnung, siehe unseren Blogbeitrag vom 06.02.2019. In der Region liege laut OB Horn “noch viel Potenzial” (Amtsblatt 11.10.2019). Das bedeutet, massiver Flächenverbrauch im Umland ist erwünscht und steht auf der Tagesordnung – Klimakatastrophe egal.


Seit November 2018 ist der sogenannte Perspektivplan wieder in den Fokus der Stadtverwaltung gerückt, der es nicht ausreicht, in Dietenbach einen Megastadtteil zu bauen:  “Vor allem aber sollen die Tuniberg-Gemeinden neue Wohnflächen bekommen, sich hin zu Hexenbach-, Kretzbach-, Krebsbach- und Mühlenbachaue öffnen und zusammenwachsen …” Ganz unabhängig von Dietenbach …

September 2019: Der ab jetzt neu zu erstellende FNP (Flächennutzungsplan) wirft seine Schatten voraus. Aus einem ersten diesbezüglichen Fachgespräch zwischen Stadtverwaltung und Unternehmen ist zu hören, die Stadt brauche dringend mehr Gewerbeflächen. Dem Stadtteil Dietenbach wird hierbei von Baubürgermeister Haag eine Türöffnerfunktion zugeschrieben: “In der Bevölkerung ist inzwischen angekommen, dass die Innenentwicklung nicht genügt, um ausreichend Wohnraum zu schaffen.” Doch eine Stadt lebe auch von ihren Betrieben … “Es wird sehr schwierig, die Bürger und Bürgerinnen davon zu überzeugen.” (Quelle: BZ 26.09.2019 “Betriebe haben keinen Platz mehr zum Wachsen”) Wovon zu überzeugen? Vom lustvollen Bauen auf Teufel komm raus im grünen Außenbereich, nun auch fürs Gewerbe. Bei Dietenbach geht’s ja schließlich auch … Und was sagt die Baulobby dazu? Alexander Simon, Geschäftsführer der VfW (Vereinigung Freiburgr Wohnungs- und Gewerbeunternehmen: “Wir haben die Erwartung, dass der neue [FNP] möglichst viele Flächen bringt.” – “Ich möchte leidenschaftlich daran appellieren, nicht nur auf Dietenbach zu fokussieren.” (chilli-Beilage bauen & wohnen, Februar 2020).

 


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Hochwasser-Rückhaltebecken Horben

15.03.2019   SWR aktuell
Freiburg will für Hochwasserschutzprojekt notfalls enteignen (3:13 Min)

“Der Damm ist für die Stadt extrem wichtig, weil ohne ihn der geplante Stadtteil Dietenbach in Frage steht.”

08.02.2019   Medienmitteilung Benedikt von Droste zu Hülshoff
Klage erhoben gegen das geplante Rückhaltebecken Bohrertal (Horben)

Im Sommer 2019 wurde die Klage zurückgezogen.
Im Herbst 2019 soll mit den Rodungen und Bauarbeiten begonnen werden. Die Inbetriebnahme ist für 2022 geplant.


Die Stadt Freiburg will im Bohrertal am Schauinsland (nach Günterstal, unterhalb von Horben) ein 20 Millionen Euro teures Hochwasser-Rückhaltebecken bauen. Es soll dort ein 280 m langer und bis zu 14 m hoher Damm aufgeschüttet werden. Das Rückhaltebecken dient als wichtigste Bauvoraussetzung für den geplanten Neubaustadtteil Dietenbach.

Die Stadt begründet die Notwendigkeit des Rückhaltebeckens mit dem Hochwasserschutz für die Wiehre und für die unterhalb liegenden Stadtteile am Hölderlebach und am Haslacher Dorfbach. Auf die Frage, welche Rückhaltevolumina denn für den Schutz jener Stadtteile alleine (ohne Dietenbach) benötigt würden, gibt die Stadt bis heute keine Antwort. Auch dies verwundert: Der mindestens genauso wichtige Hochwasserschutz im Stadtteil St. Georgen scheint die Stadt nicht im Geringsten zu kümmern. Sie hat keine Abwägung vorgenommen, warum die Hochwasserfreilegung für die Wiehre dringender erforderlich wäre als für St. Georgen.

Warum ist das Rückhaltebecken in Horben so wichtig für Dietenbach?
Eine Ausnahme vom absoluten Bauverbot im Dietenbachgelände wäre, wenn überhaupt, nur dann zulässig (schließlich ist dort ein festgesetztes Überschwemmungsgebiet (HQ100), siehe § 65 WG, Wassergesetz Baden-Württemberg, und § 78 Wasserhaushaltsgesetz), wenn der Verlust des verlorengehenden Rückhalteraumes zeitgleich mit dem vollen Volumen anderenorts ausgeglichen wird. Ob die Stadt das schaffen würde oder nicht, hinge allein davon ab, ob sie rechtzeitig ein riesiges Hochwasserrückhaltebecken im Bohrertal, aus dem der Dietenbach sein Wasser bekommt, durchsetzen und bauen könnte:  „Die Dietenbachniederung ist … Überschwemmungsgebiet … Mit einem Schutzbauwerk am Standort südlich von Günterstal kann auch gewährleistet werden, dass eine Bebauung und entsprechende Versiegelung des Dietenbachgeländes den Unterliegern Umkirch und Gottenheim kein zusätzliches Niederschlagswasser zuführt” (Drucksache G-13/219 vom 22.11.2013). „Da die Realisierung der HRB Bohrertal und Breitmatte Voraussetzung für die [Dietenbach-Ausbau-] Variante 5_III ist und im funktionalen Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz für die Unterlieger des HRB Dietenbach steht, kann einem Baubeginn der Gewässerausbauarbeiten [am Dietenbach] erst nach Inbetriebnahme der HRB Bohrertal und Breitmatte zugestimmt werden“ (Drucksache G-18/114, Anlage 2, S. 354 im pdf; Ergänzungen in Klammer: Redaktion).

Die Bebaubarkeit des Dietenbachareals hängt also entscheidend vom Ausgang des Kampfes um das umstrittene Hochwasserrückhaltebecken ab, das schon sehr bald im Landschaftsschutzgebiet Horben gebaut werden soll. Auch in Horben ist ein Landwirt durch den Bau dieses Rückhaltebecken in seiner Existenz durch Enteignung bedroht. Ohne die vorliegende Funktion dieser Hochwasserschutz-Bauwerke ist Dietenbach, insbesondere die Bachausbau-Variante 5_III, nicht genehmigungsfähig. Ohne den Planfeststellungsbeschluss für Horben kann Dietenbach auch allein schon deshalb nicht so wie geplant/beschlossen bebaut werden: Es verringerte sich dauerhaft die Fläche um ca. 5,5 ha, was das Projekt voraussichtlich um Jahre verzögern und verteuern, wenn nicht sogar aus finanziellen Gründen als Ganzes gefährden würde.

Das Planfeststellungsverfahren soll schon im Dezember 2018 abgeschlossen werden und damit der Bau des Hochwasserdamms trotz zahlreicher Einwände der Umwelt- und Landwirtschaftsverbände sowie des hauptsächlich betroffenen Grundeigentümers durchgesetzt werden. Obwohl die wasserrechtliche Genehmigung für das HRB Horben und Ausbau HRB Breitmatte (was zusammen mit dem Ausbau des Dietenbach zur Umgehung des HQ100-Status’ der Dietenbachniederung führen könnte) durch das Regierungspräsidium noch nicht vorliegt und auch der zugehörige Planfeststellungsbeschluss noch aussteht, will die Stadt schon am 11.12.2018 u. a. die Einleitung eines Enteignungsverfahrens über 1,3 ha landwirtschaftliche Fläche gegen den Eigentümer der Dammaufstandsfläche beschließen. Ein Affront: Die Stadt Freiburg lässt im Gemeinderat über das Projekt (samt Einleitung von Enteignungen) abstimmen, bevor das Ende der Einwendungsfrist beim Landkreis, auf dessen Gebiet Horben liegt, am 11.12.2018 verstrichen ist und eine Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen vorgenommen werden konnte. Gleichzeitig will die Stadt über die “sofortige Vollziehung” des Planfeststellungsbeschlusses und die “vorzeitige Besitzeinweisung” beschließen lassen, um sofort Zugriff auf die gesamte Baufläche zu bekommen.

 

Aktualisierung Februar 2019
Der Planfeststellungsbeschluss, der den Bau des Hochwasserdamms trotz zahlreicher Einwände der Umwelt- und Landwirtschaftsverbände sowie des hauptsächlich betroffenen Grundeigentümers genehmigt hat, ist am 02.01.2019 ergangen und soll sofort vollzogen werden. Schon im März 2019 soll die Enteignung gegen den Eigentümer der Dammaufstandsfläche eingeleitet werden. Damit will die Stadt vollendete Tatsachen schaffen und den Rechtsschutz aushebeln. Denn nur mit diesen Mitteln kann der Baubeginn auf dieser Großbaustelle gegen den betroffenen Landwirt schon durchgesetzt werden, obwohl gegen die “Talsperre” beim Verwaltungsgerichtshof geklagt wurde. Dieses brachiale Vorgehen der “Ökohauptstadt” zu Lasten der Existenz eines Landwirts und dazu noch in einem hochwertigen Landschaftsschutzgebiet, das der Nah- und Fernerholung am Schauinsland dient, ist in Freiburg ohne Beispiel. Solche Eile müsste die Stadt nicht vorlegen, solche Rechtsrisiken nicht eingehen, wenn es nur um den Schutz der bestehenden Stadtteile am Bohrerbach/Hölderlebach/Dorfbach/Dietenbach gegen “Jahrhunderthochwasser” ginge. Die einzig mögliche Erklärung: Nur so kann ein wasserrechtliches Haupthindernis für den Bau des neuen Stadtteils Dietenbach überwunden werden!

Um das Vorgehen der Stadt zu stoppen, hat der betroffene Landwirt am 08.02.2019 gegen den Planfeststellungsbeschluss beim Verwaltungsgerichtshof Klage erhoben und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Unabhängig vom Bürgerentscheid über Dietenbach kann der Verwaltungsgerichtshof die Hochwasser-Freilegung von Dietenbach noch stoppen oder verzögern.

 

Dass alternative Wege gangbar sind, zeigt die Stadt Zürich: Um sich gegen ein Extremhochwasser der durch die Stadt fließenden Sihl zu schützen, wird oberhalb der Stadt Wasser durch einen Hochwasserentlastungsstollen direkt in den Zürichsee abgeleitet. Der Stollen soll 2023 in Betrieb gehen (Kleinn et al. in Hydrologie und Wasserbewirtschaftung 3/2019, 158-167). Eine “Stollenlösung” anstelle des Bohrerstaudamms lag vom AK Wasser im BBU e.V. auch in Freiburg auf dem Tisch. Zu teuer, sagt die Stadt.

 

Wer sich in die Materie einlesen möchte, dem seien die folgenden Dokumente empfohlen:

Landschaftspflegerischer Begleitplan Hochwasserschutz Bohrertal, 2017
Erläuterungsbericht (190 S.)
Ersatz- und Gestaltungsmaßnahmen I
Ersatz- und Gestaltungsmaßnahmen II

Ablehnende Stellungnahmen von Naturschutzverbänden zum Bau des HRB Horben:

07.12.2018  Stellungnahme an Landratsamt
Hochwasserrückhaltung Horben/Bohrertal/Antrag der Stadt Freiburg auf Befreiung von Auflagen zum Biotopschutz und zum Landschaftsschutz
BUND Ortsverband Freiburg

11.12.2018 Stellungnahme an Landratsamt
Hochwasserrückhaltung Horben/Bohrertal: Antrag der Stadt Freiburg auf Befreiung von Auflagen zum Biotopschutz und zum Landschaftsschutz
NABU Freiburg

Eine ebenfalls ablehnende Haltung nehmen ein:

07.12.2018  Pressemitteilung
Landesnaturschutzverband (LNV) befremdet über Aussagen der Stadt

09.12.2018  Pressemitteilung
Offener Brief zur aktuellen Thematik Hochwasserrückhaltebecken Horben, der GR-Beschlussvorlage G-18/261 für Dienstag, den 11.12.2018 und die Zusammenhänge zum geplanten Neubaustadtteil Dietenbach
BI Pro Landwirtschaft und Wald im Dietenbach & Regio

09.12.2018  Vorschlag
Interfraktioneller Änderungsantrag TOP 20 Hochwasserschutz Bohrertal
ECOtrinova e. V.

10.12.2018  Pressemitteilung
Zum Staudammprojekt im Bohrertal
Aktion Rettet Dietenbach


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Hochwasserschutz

Im Dietenbach/Aufnahme: Klaus Schitterer

Da die Dietenbachniederung HQ100-Überschwemmungsgebiet ist, soll das Gebiet  aufwändig für eine Umgehung des Bauverbots und für eine Bebauung präpariert werden: Bau eines Hochwasserrückhaltebeckens gigantischen Ausmaßes im Bohrertal, nach dessen Inbetriebnahme (d. h. ab ca. 2022) Ausbau des Dietenbachs zur 35 m breiten Bachaue, Aufschüttung des Geländes um bis zu drei Meter (macht 150.000 – 250.000 LKW-Fahrten).

Ein Bebauungsplan für Dietenbach im Überschwemmungsgebiet (HQ100) würde ein landesweit einmaliges Beispiel setzen, wie man wasserrechtliche Grundsätze und Vorschriften aushebeln kann und soll. Machet euch die Erde untertan – alles ist möglich …

Im Februar 2020 sagt Gottfried May-Stürmer, Referent für Wasser und Landwirtschaft des BUND Baden-Württemberg, im BZ-Beitrag “In der Praxis wird oft doch irgendwas hingetrickst”:
„Viel sinnvoller wäre es, die Landschaften so zu gestalten, dass das Wasser besser im Boden versickern und verzögert abfließen kann. Stattdessen werden nach wie vor natürliche Rückhalteflächen zugebaut … Wenn man das Gesetz liest, klingt das tatsächlich alles sehr positiv. In der Praxis sieht es jedoch ganz anders aus, da wird dann oft doch irgendwas hingetrickst. Das Gesetz sieht Ausnahmen vor, und am Ende hat der Hochwasserschutz doch oft das Nachsehen … Es darf nicht noch mehr Versiegelung geben …“

Im Juli 2021 verheerende Überflutungen in NRW – am 11. Oktober 2021 der  Beitrag “Wohngebiet im Hochwasserrisikogebiet?” in der ZDF-Drehscheibe (Minute 30-34).

Hier hat ein Experte Details zum Wasserrecht in Dietenbach für Sie zusammengestellt.

Weitere Informationen unter dem Stichwort Hochwasserrückhaltebecken Horben.


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Idylle in Rieselfeld und Gutleutmatten

Aus der Einwohnerschaft des Stadtteils Rieselfeld tönt eine gut intonierte Chormelodie:  Auch wir durften hier einst eine Wohnung suchen – und was wir gefunden haben, war Heimat.

Schön für sie. Doch bitten wir darum, mal kurz aus der idyllischen und gönnerhaften Deckung hervorzutreten und den Verstand zuzuschalten. Anton Behringer brachte es in einem Onlinekommentar am 10.02.2019 auf den Punkt:

“… war der Bau des Rieselfeldes nicht mit Dietenbach vergleichbar.
– Viel geringere finanzielle Risiken, da viel kleiner u.a.
– Das Grundstück gehörte der Stadt
– keine Enteignungen von Kleinbauern waren daher nötig u.a.
– das Rieselfeld konnte zudem stufenweise entwickelt werden
– der Klimawandel war bei weitem noch nicht so erschreckend vorangeschritten.
– Die Stadt hatte noch nicht derartige Hitze- und Dürresommer hinter sich.
– Kein Hochwasserschutzgebiet, keine erforderliche Aufschüttung von bis zu 3 m, keine Verlegung der Stromtrassen
– Keine Verlegung Funkturm, keine Verlegung einer großen Gasleitung, die aktuell durch Dietenbach verläuft
– die Verkehrsanbindung war unproblematischer und daher viel günstiger.
– Gigantischer Schallschutz war nicht erforderlich.
– 20 Mio. Hochwasserschutz bei Günterstal, ohne den Dietenbach nicht bebaut werden dürfte, war nicht erforderlich.
– Vor dem Bau vom Rieselfeld war Freiburgs Verkehrschaos noch nicht so extrem wie heute”.

Auch aus Gutleutmatten hört man: sie haben hier auf ehemaligen Schrebergärten gebaut, deshalb dürfen sie doch jetzt nicht sagen, es sei nicht in Ordnung, wenn andere Menschen künftig im Dietenbach auf Ackerland bauen.

Übrigens: Im Konzerthaus am 06.02.2019 erfuhren wir von Frau Buchen (SPD-Fraktion), dass sie explizit von den Rieselfeldern erwarte, dass diese die Bebauung befürworten.

 


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Infrastruktur und Schulen, Kitas: Krippen und Kindergärten

Das alles müsste auf der grünen Wiese neu und teuer erschaffen werden – bei maßvoller und am wirklichen Bedarf ausgerichteter Stadtentwicklung am und im bereits bestehenden Siedlungsbereich lässt sich dagegen bei der Infrastruktur anknüpfen an Bestehendes und lässt sich Vorhandenes erweitern, das ist sehr viel kostengünstiger.

Erschließung 120 Mio., Grund- und weiterführende Schulen 118 Mio., Kitas und sonstige Einrichtungen 90 Mio.: Diese Mittel können in der Innenentwicklung, die das Baugesetzbuch ja eigentlich vorschreibt, günstiger, effektiver und nachhaltiger eingesetzt werden, was die Stadt Freiburg und somit jeden Bürger entlasten würde.


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Innenentwicklung

Viele Leute winken ab beim Stichwort   “Nachverdichtung”: Die letzten noch verbliebenen Freiräumchen zubauen? Das geht gar nicht, das nimmt uns die Luft zum Atmen.  Das lehnen wir alle vehement ab. Aber: Eine seit Kriegsende bestehende Baulücke (Beispiel war eine in der Sternwaldstraße) gemäß der vorhandenen Häuserzeile zu bebauen, das wäre okay. Oder: Einen vorhandenen Wohnriegel mit drei Geschossen auf vier (oder fünf, je nach Umgebung) nachbarschaftsverträglich aufzustocken, ist auch eine gute Nachverdichtung, weil schnell und kostengünstig gebaut und deshalb auch eine bezahlbare Miete angeboten werden kann. Die Stadtbau hat es in der Belchenstraße vorgemacht (siehe “Es gibt Alternativen”).
Erst eine intensive Debatte vor einem Bürgerentscheid übt auf die Stadt einen solchen Druck aus, dass sie sich die Mühe macht, um all die dezentral vorhandenen Potentiale zu bewerten. Erst dann erreicht die “Wohnungswahnsinn-Debatte” eine Qualität, die der Sache angemessen ist.


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Irrtümer

Glauben Sie nicht alles, was Ihnen erzählt wird. Beliebte Irrtümer sind:

„In Dietenbach wird ja sowieso nur Mais angebaut.“
Das ist falsch. Folgende Kulturen und Fruchtfolgen gibt es im Dietenbach (genaue Anteile aus 2018 sind hier genannt):
(1) Futterweiden konventionell und ökologisch; vor allem für Milchvieh (Lieferung der Milch an Schwarzwaldmilch, von Gras und Heu an regionale Viehhalter),
(2) Brotgetreide für regionale) Abnehmer,
(3) Weizen, Mais und Hirse als Futtermittel,
(4) Gemüse-Kürbisse für regionale Abnehmer,
(5) Sonnenblumen (Bienenweide, Gründünger, Vogelfutter),
(6) Ackersenf als Zwischenfrucht – regt das Bodenleben an und ist eine gute Humusversorgung,
(7) Leguminosen (zum Düngen),
(8) Mischaussaaten zur Unkrautverdrängung, Bodenlockerung, als Bienenweide und Gründünger mit Phacelia, Öllein, Perserklee, Sommerwicke, Inkarnatklee, Esparsette, Ramtillkraut, Ringelblume, Kornblume, Koriander, Fenchel, Boretsch, Dill, Klatschmohn und
(9) Blührandstreifen als Insektenweide.

Im Dietenbach/Aufnahme: Susanne Schlatter

Im Dietenbach werden von einem Biohof 7 Hektar ökologisch bewirtschaftet. Die Grünen Freiburgs fordern diesen Herbst neuerdings flächendeckend Bioanbau auf Freiburger Gemarkung; gleichzeitig machen sie sich für die Bebauung Dietenbachs stark. Da weiß die rechte Hand anscheinend nicht, was die linke tut.

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„Freiburger werden in den neuen Stadtteil ziehen und günstige Wohnungen freimachen für Wohnungssuchende.“
Das ist falsch. An diesen sogenannten “Sicker-Effekt” (auch Nachrücker-Effekt) glaubte man zwar lange Zeit in der Theorie, er stellte sich aber in der Praxis nicht ein: Fakt ist, dass bei der Neuvermietung frei werdender Wohnungen in der Regel die Miete kräftig erhöht wird. Zudem wird meist kostspielig renoviert, was die Miete ebenfalls ansteigen lässt. Die Neuvermietung zum hohen Preis geht dann in die Berechnung des Mietspiegels ein und treibt ihn in die Höhe – zum Nachteil für alle Freiburger. Oder es geht sogar Wohnraum verloren, weil die frei werdende Wohnung als Ferienwohnung angeboten wird. Oder sie wird zum Spekulationsobjekt und bleibt vorerst leer. Trotzdem beschwört der Geschäftsführer der Sparkassen -Immobiliengesellschaft Oliver Kamenisch im Freiburger Wochenbericht vom 05.12.2018 weiterhin diesen Effekt.

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„Wenn wir viele Wohnungen bauen, entlastet das den Markt, die Nachfrage lässt nach und die Mieten werden günstiger.“
Das ist falsch. Neubaumieten sind immer hoch und treiben so den Mietspiegel für die gesamte Stadt nach oben. Vauban und Rieselfeld haben den Markt nicht entlastet, sondern den Mietspiegel erhöht.
Es trifft insbesondere für Freiburg nicht zu, denn es wird in Freiburg auch bei verstärkter Bautätigkeit nicht zu einem Überschuss an Wohnraum kommen: die Nachfrage wird weiter auf hohem Niveau bleiben, denn zu beliebt ist die Stadt im In- und Ausland (45 % alle Käufer von Wohneigentum kommen nicht aus Freiburg), zu vermögend sind zu viele Menschen, zu viel Geld ist im Umlauf, zu niedrige Zinsen sind bei der Baufinanzierung zu zahlen.

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„Der Gemeinderat hat am 24.07.2018 über den Bau des neuen Stadtteils mit 44 Ja- zu 4 Nein-Stimmen abgestimmt.“

Diese Behauptung wird nun schon seit dem 24.07.2018 von Lokalpresse und Stadt wiederholt – selbst die amtliche Broschüre zur Statistik der Wahl zum Bürgerentscheid nennt diese Zahlen (im März 2019 korrigiert). Sie sind falsch..

Richtig ist das Abstimmungsverhältnis 38 Ja- zu 4 Nein-Stimmen (1 Enthaltung): von den 48 stimmberechtigten Gemeinderät*innen (der OB war es noch nicht) waren nur 45 stimmberechtigt, denn 3 fehlten entschuldigt (Dr. Maria Hehn, Ergün Bulut und Udo Harter). Beim TOP Dietenbach waren

– 2 nicht stimmberechtigt, da befangen (die Herren Disch und Schätzle) und
– 4 stimmten dagegen (FL/FF).

 

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„Die Initiatoren des Bürgerentscheids haben absichtlich eine ungünstige und verwirrende Fragestellung gewählt“

Falsch – denn diejenigen, die das Bürgerbegehren in die Wege leiten wollen, sind bei der Frageformulierung an die JA-Antwort gebunden. Hier das relevante Urteil:
VG Karlsruhe, Urteil vom 27.05.1992 – 10 K 11494/91:
„Aus § 21 Abs. 6 Satz 2 der Gemeindeordnung ergibt sich der Grundsatz, daß bei einem gegen einen Gemeinderatsbeschluß gerichteten Bürgerbegehren die Abstimmungsfrage beim Bürgerentscheid so zu fassen ist, daß die Befürworter des Bürgerbegehrens mit „Ja“ stimmen müssen.“


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Jury-Würdigung

Das überrascht: In der Würdigung der Jury zum Siegerentwurf aus dem Architekten-Wettbewerb finden sich eine Menge kritischer Urteile – hier Auszüge:

Die Körnigkeit der vorgeschlagenen Bebauungsmuster wirkt in Teilen sehr eng und wirft die Frage auf, ob diese den gewünschten Qualitätsanspruch einlösen können und hinreichend für unterschiedliche Wohntypologien geeignet ist.

Die Bebauung östlich der Dietenbachaue reagiert mit Rückseiten auf den öffentlichen Grünraum, was Fragen der Orientierung und des Zusammentreffens von Öffentlichkeit und Privatheit aufwirft.

Die Verkehrsachsen münden in den zentralen Platz, was einerseits gute Sichtbeziehungen gewährleistet, aber auch andererseits Probleme der Verkehrsführung mit sich bringt.

Die Entrees zum neuen Stadtteil sind noch nicht überzeugend formuliert.

Die gewünschte Vielfalt wird allerdings eingeschränkt durch die Dimensionierung des Bebauungsmusters und der gewählten Module (geringe Blocktiefen).

Die Freiflächen der integrierten Kitas sind zu gering dimensioniert.

Die Sammelstraßen sind auf Hochpunkten über der Auenlandschaft angeordnet, was für die Entwässerung nicht funktioniert.

Die Abwasserwärmemenge wurde jedoch zu hoch angenommen. Die Realisierung wird deshalb mit eher höheren Kosten verbunden sein.

Der geringe Anteil an Gründächern ist vor dem Hintergrund des mikroklimatischen Nutzens und der Rückhaltung von Regenwasser kritisch zu hinterfragen.


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Klimawandel/Klimaschutz

Mit Bezug auf das Feuer in Südkalifornien im November 2018 erklärte die Waldbrand-Expertin Kirsten Thonicke (Potsdam Institut für Klimafolgenforschung PIK), zu diesem schlimmen Brand habe das verheerende Zusammenspiel der vom Menschen verursachten globalen Klimaerwärmung mit natürlichen Faktoren geführt. Dazu zählte sie den seit Jahren ausbleibenden Regen und die „ungewöhnlich hohe Zahl von 129 Millionen toten Bäumen als Folge dieser Megadürre“.

Am 26.01.2019 eine neue erschreckende  Meldung in der Zeitung: Die vier heißesten Jahre

Auch in unseren Breiten fehlt neuerdings der Regen. Der SWR berichtet über die vielfältigen Folgen (1,5 Min.):
Trockenheit im Dreiländereck – Auswirkungen auch für Schifffahrt am Hochrhein

Auf einem grenzüberschreitenden Klima-Festival in Kehl im Januar 2019 wurde noch einmal ganz deutlich betont: Klima macht an den Landesgrenzen nicht halt. Rüdiger Glaser, Klimaforscher an der Uni Freiburg, sagte, das Oberrheingebiet heize sich stärker auf, als im globalen Durchschnitt. Bis zum Ende des Jahrhunderts um schlimmstenfalls fünf Grad. Niederschläge, die früher als Schnee kamen, werden als Regen fallen. Wetter-Extreme werden häufiger, genau wie Hitze und Trockenheit. Der Sommer 2018 war ein Vorgeschmack auf die Zukunft am Oberrhein. „Wir wissen, dass die Agglomeration, also städtische Räume noch mehr vom Klimawandel betroffen sein werden von der Temperatur, weil einfach versiegelte Flächen dominieren. Eine richtige Anpassung ist natürlich die Städte zu begrünen, zu entsiegeln …“ Statt grauer Steine also mehr Grünflächen.

Wir verfehlen unsere Klimaziele. Es vergeht kein Tag, an dem nicht von Naturkatastrophen weltweit berichtet wird, die in großen Teilen auf die Erderwärmung zurückzuführen sind. Wir tragen dazu aktiv bei, wenn wir ausgedehnte natürliche Grünflächen (CO2-Senken) zubauen; wenn wir das gesamte Gelände meterhoch aufschütten, damit es bebaubar wird; wenn wir unseren ökologischen Fußabdruck durch ausufernden Neubau steigern anstatt zu mindern. Dietenbach wird als klimaneutraler Stadtteil beworben – ein Neubau-Stadtteil auf der grünen Wiese kann niemals klimaneutral sein: ehrlicherweise muss man den Energieverbrauch ab Baubeginn berechnen, nicht erst ab 2045 oder 2050, wenn alles fertig und in Betrieb ist.

In Freiburg ticken die Uhren anders. Die hiesigen Grünen sind für dieses Thema leider nicht zu erwärmen. Ganz anders die Bundespartei: Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag: „Grüne Themen sind wichtiger denn je. Die Klimakrise ist in diesem Dürresommer auch in Deutschland für jeden sichtbar geworden.“ (BZ 21.12.2018)

„Auch die Politik steckt im Dilemma. Klimaschutz stellt die gewohnte Wachstumspolitik in Frage, mit der die Politik alle Probleme zu lösen oder zumindest zu übertünchen hofft … Eine Minderheit von Konsumenten, darunter viele jüngere Leute in den Städten, lebt bereits einen anderen Lebensstil vor … Und sie tun dies nicht aus Pflichtbewusstsein, sondern mit viel Genuss. Allerdings wird sich diese Haltung so lange auf Minderheiten beschränken, wie die politischen Rahmenbedingungen Wachstum fördern statt Klimaschutz …“ (Wolfgang Kessler, Wann tun wir das, was wir tun sollten? BZ 22.12.2018)

Mit dem Bau von Dietenbach würden die Klimaschutzziele Freiburgs weit verfehlt. Es werden nicht genug Handwerker frei sein für die für den Klimaschutz nötige sehr breit angelegte stadtweite Gebäudesanierung. Handwerkermangel wiederum verteuert den Klimaschutz (und Dietenbach und alle anderen Bauprojekte, egal ob privat oder öffentlich).

Und da ist sie wieder, die Imagepflege der Green City: Am 16.03.2019 heißt es unter der Überschrift „Klimaschonend„in der Badischen Zeitung: „Martin Horn, Oberbürgermeister von Freiburg, ist nun Vorsitzender des Rexcom von Iclei – dahinter steckt das “Regionale Executiv Committee“ für Europa von „Local Governments for Sustainability“. Horns vier Vorstandskollegen dieses Städtenetzwerks für Nachhaltigkeit wählten ihn in Abwesenheit in Florenz. Sein Vorgänger Dieter Salomon gehörte ebenfalls dem Europavorstand von Iclei an. Freiburg ist seit mehr als 25 Jahren Sitz des Iclei-Europabüros. Dessen Ziel ist es, den Klimaschutz auf lokaler Ebene voranzubringen.“

Unvereinbar mit diesem Ziel ist der Bau eines Megastadtteils auf der grünen Wiese!

Ansonsten wissen wir über den Klimawandel ja bestens Bescheid, daher hier statt eines Lehrbuchauszugs dieses Video: Wie wirkt sich der Klimawandel auf das Naturschutzgebiet Feldberg aus? Filmemacher Dirk Adam aus Freiburg und Feldberg-Ranger Achim Laber beantworten diese Frage 2010 auf Ihre Weise (3 Minuten)

Mit einer Erklärung zum Klimanotstand verpflichten sich Kommunen dazu, fortan bei allen kommunalen Entscheidungen den Klimaschutz und Klimawandelanpassung prioritär zu berücksichtigen. Einige legen fest bis 2030 klimaneutral zu werden, andere vereinbaren konkrete lokale Maßnahmen, die mit den Empfehlungen des IPCC vereinbar sind, die Erwärmung unter 1,5°C zu begrenzen. Den Klimanotstand erklärten zwischen Mai und Juli 2019 in Summe bislang über 40 deutsche Städte und Kommunen. Darunter Aachen, Bielefeld, Bonn, Fehmarn, Karlsruhe, Kiel, Köln, Konstanz, Lübeck, Münster.
Quelle: www.klimabuendnis.org/kommunen/klimanotstand [28.08.2019]

Und was ist mit Freiburg? Juli 2019: Fridays for Future fordern von der Stadt Freiburg, den Klimanotstand auszurufen. Die Stadt lehnt ab, Green City Freiburg hat das nicht nötig: man habe den Ernst der Lage ja sowieso schon lange erkannt und sei ja sowieso schon mehr als vorbildlich unterwegs … Diese Haltung zeigt: Es wäre zu riskant, auf die Forderung einzugehen – könnten doch dann der krude Wachstumskurs, der stete Flächenfraß im grünen Außenbereich und klimaschädigende Entscheidungen wie Dietenbach und der Staudamm bei Horben und weitere Vorhaben auf den Prüfstand kommen.

 

Animierte Klima-Spiralen zeigen Ausmaß und Geschwindigkeit der globalen Klimakatastrophe sehr eindrucksvoll (Temperaturanstieg seit 1850, Abschmelzen des arktischen Eises seit 1979, CO2-Anstieg seit 1958).

 


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Kostenfinanzierung

Was Sie schon immer mal wissen wollten: Wie sieht eigentlich die Finanzierung des geplanten neuen Stadtteils konkret aus?

Die erste Kostenfinanzierung findet sich in Drucksache G-16/095 vom 06.12.2016. Zusammenfassend heißt es dazu (in G-17/078): „Die KoFi zur geplanten SEM Dietenbach weist aktuell ein Defizit von rd. 56 Mio. € aus, welcher gemäß § 59 Abs. 2 Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) jährlich anteilig über die Kernhaushalt abzudecken wäre. Der städtischeHaushalt übernimmt zusätzlich 98 Mio. € für Leistungen, die der Gesamtstadt zugute kommen.“ (Kommentar: Letzteres bliebe noch zu prüfen)

Das Defizit von 56 Mio. € war den Rät*innen zu hoch, so wurde die Verwaltung im Folgenden mit der Reduzierung des Defizits beauftragt.

Die daraufhin erfolgte Einspar-Ergänzung zur Kostenfinanzierung findet sich in Anlage 1 zu G-17/078 vom 07.02.2017: Das Defizit wurde durch verschiedene Einsparmaßnahmen auf Null gerechnet:

  • Ausbau B31a und AS Lehener Brücke: Kostenverlagerung auf den Bund (noch nicht verhandelt)
  • Verlegung Hochspannungsleitungen (noch nicht verhandelt, ggf. Mehrkosten und Nachteile für Dietenbachpark)
  • Kostenbeteiligung Leitungsträger (noch nicht verhandelt)
  • Ableitung Regenwasser außerhalb in Schildkrötenkopf und NSG (noch nicht bezifferbar)
  • Reduzierung Gemeinschaftsschule von 6 auf 4 Züge (Kommentar: Dies dürfte verstärkt elterliche MIV-Bring- und Holfahrten sowie einen finanziellen Mehraufwand an anderen Schulen in der Gesamtstadt nach sich ziehen; die Kosten werden also nicht eingespart, sondern in den städtischen Haushalt verschoben, dort sozusagen versteckt.)
  • Ansiedlung von mehr Gewerbe
  • Reduzierung Zinssatz von 2 % auf 1,8 %
  • Reduzierung des Risikozuschlags von 15 % auf 12,5 %

Anlage 1 zu G-17/078 schreibt weiter: „Folgende Kosten wurden bisher NICHT in der KoFi berücksichtigt:

  • Kosten für die Umsetzung eines klimaneutralen Energiekonzepts in Höhe von bis zu 30 Mio. EUR – grundsätzlich förderfähig, Restbetrag wird von Investoren getragen
  • Ermäßigungen auf die Grundstückspreise (sozialer Wohnungsbau)
  • Ggf. Mehrkosten durch noch nicht kalkulierte Leistungen wie übergeordnetes Freiraumkonzept, Gestaltungsleitfaden etc.
  • Ggf. höhere Anforderungen an die Gestaltung der nach Stand der Planung erforderlichen Lärmschutzwände (Ziel: keine rein technische Lösung)
  • Eigenständiger Stadtteiltreff (im Sinne von „Glashaus“)“

Unsere Anmerkungen: Zudem bleiben folgende Posten unberücksichtigt:

  • „Sollten Verhandlungen mit Eigentümern scheitern, müssten rd. 17 Mio. € zusätzlich in die KoFi der Maßnahme eingestellt werden.“ (G-16/095)
  • Folgekosten für den späteren jährlichen Unterhalt von Verkehrswegen, öffentlichen Gebäuden, Dietenbachaue, Grünanlagen etc.
  • Wenn Dietenbach nach 2020 scheitert, sind pro Hektar 4 € an die verkaufswilligen Eigentümer ausgezahlt und laut G17-015 für die Sparkasse verloren; bei 84 ha Privateigentum sind das 3,36 Mio. € zzgl. 4 Jahre Verwaltung + Werbungskosten, also rund 5 Mio. €
  • Es macht den Anschein, dass Klagen wegen Enteignung durch die SEM unvermeidlich sein werden – Kosten für eventuelle juristische Auseinandersetzungen sind nicht in die KoFi eingestellt
  • „Ggf. werden im Rahmen der SEM unterstützende Maßnahmen zur Errichtung des geförderten Wohnungsbaus notwendig werden. Diese werden vom städtischen Haushalt in voller Höhe für die Maßnahme übernommen … Bei einer Laufzeit von 27 Jahren entspricht dies einer jährlichen Haushaltsbelastung von Ø 2,28 bis 3,8 Mio. € (je nach unterstützende Maßnahmen für den geförderten Wohnungsbau und ohne Inflationierung).“ (G-16/095)

Schließlich hier die Zahlen der KoFi vom 26.06.2018 (Drucksache G-18/114):
602 Mio. € Summe Ausgaben Investitionsaufwand (siehe Aktualisierung unten vom 01.11.2019)
592 Mio. € Summe Einnahmen
10 Mio. € Defizit, vom städtischen Haushalt zu tragen
102 Mio. € “Delta”, vom städtischen Haushalt zu tragen

Aktualisierung 01.11.2019:
850 Mio. € Summe Ausgaben Investitionsaufwand
(Quelle: Wochenbericht 16.10.2019)
ein Plus von 40 % innerhalb gut eines Jahres – Dietenbach 21 lässt grüßen!

Zu bedenken gilt es dabei (Zitate aus G-18/114):
“Soweit gesetzlich vorgegebene Standards überschritten – werden, dürfen die Mehrkosten grundsätzlich nicht der Entwicklungsmaßnahme zugeschrieben werden, sondern müssen vom Gesamthaushalt – vorbehaltlich der Entscheidung des Gemeinderates – getragen werden.”
Dazu verweisen wir gerne auf unseren Blogbeitrag vom 06.12.2018 (eierlegende Hochleistungs-Wollmilchsau I). Weiter:
“Bei einer Verschlechterung der allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, etwa durch höhere Zinssätze, können sich in Zukunft derzeit nicht vorhersehbare Belastungen mit Auswirkungen auf den Gesamthaushalt ergeben.”

Nach G-18/114 fehlen in dieser aktuellen Finanzaufstellung folgende Posten:

  • ÖPNV-Anbindung (20-24 Mio. €, BZ 13.12.2018)
  • Schienenfahrzeuge
  • P+R-Anlage
  • Kosten für die Errichtung von im Geschosswohnungsbau integrierten KindertagesstättenG-18/114: “Nach derzeitigem Stand betrifft dies ein Volumen in Höhe von … ca. 102 Mio. . Für diese Maßnahmen sind erhebliche Zuschüsse zu erreichen, die noch nicht quantifiziert werden können. Die Finanzierung des Deltas muss außerhalb der Kosten- und Finanzierungsübersicht über den städtischen Haushalt erfolgen.”

Am 24.07.2018 wurden diese Zahlen dem Gemeinderat vorgelegt. Der beschränkte sich indes auf die Forderung von 50 % gefördertem Mietwohnungsbau im geplanten neuen Stadtteil Dietenbach, gänzlich ohne auf die Finanzierbarkeit einer solchen Maßnahme einzugehen.

Nach unserem Dafürhalten fehlen zusätzlich zu allen oben genannten Fehlposten auch folgende Aufwendungen in der Rechnung:
* 9,3 Mio. € (Aus-)Bau HRB Horben/Breitmatte (städtischer Anteil, s. G-18/261)
* B 31 mehr Spuren auf Teilstück
* Kreisel vor Lehen und an Besanconallee
* VAG (ggf. Kapitalaufstockung)
* Personalaufwand + -kosten Stadt (separat ausweisen)
* Inflationierung der Kostenarten
* Ewigkeitskosten aller Art (offene Liste für Ergänzungen:  Straßen, Wege, Brücken, Grünanlagen, Pflege Ausgleichsmaßnahmen, km- und Zeit-Kosten für Landwirte durch längere Wege)
* Ausbau Dreisamuferradweg und andere Radwege (durch Weingarten)
* Ausbau/Vergrößerung Mundenhof ab 2025
* Halbierung der Pachtkosten für das ZMF
* Kostenbeteiligung am HRB Dietenbach (wegen des nach Bebauung eingeschränkten Retentionsvermögen des ehemaligen natürlichen Überschwemmungsgebiets Dietenbach; Quelle: BZ 28.10.2019), das kürzlich von den Gemeinden Gottenheim und Umkirch für 5,7 Mio. € ausgebaut wurde

 

Die Kostenspirale dreht sich weiter: Renate Buchen (SPD) deutete wegen der hohen zu erwartenden Grundstückskosten eine Flexibilität ihrer Fraktion bei der teilweisen Deckung aus dem städtischen Kernhaushalt an (09.01.2019, Pressekonferenz der pro Dietenbach Fraktionen zum Kampagnenauftakt).

Projektleiter Engel nennt immer wieder als zu erwartende Grundstückspreise 600-800 €/qm. In der entsprechenden Drucksache G-18/114 Anlage 6: Kosten- und Finanzierungsübersicht ist jedoch von 1.004 €/qm die Rede!

Chilli April/Mai 2020: “Der Bodenpreis für einen Quadratmeter Bauland … liegt mittlerweile bei 980 Euro … Um Kosten und Erlöse einigermaßen in die Balance zu bringen, wird derzeit vor allem an einer Stellschraube gedreht: an der baulichen Dichte.”
Nachfolgend werden die stetig ansteigenden Wunschmaße genannt:
Herbst 2016: 5.300 bis 5.500 WE für 12.500 Menschen
Juni 2018: 6.000 WE für 15.000 Menschen
April 2020: 6.800 WE für 16.000 Menschen

 

Dietenbach-relevante Posten im kommenden Doppelhaushalt finden Sie hier: G-19/080 Anlage 2: Entwurf – Investitionsprogramm 2018 bis 2022


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Kurzversion Argumente

Hier finden Sie unsere Seiten aus der offiziellen paritätischen Infobroschüre, die an alle Freiburger Haushalte verteilt wird.  Dort ist eine knappe Zusammenfassung unserer Standpunkte.


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Landwirte und Existenzen

Der Landwirtschaft wird gleich dreifach der Boden unter den Füßen entzogen:
– Verlust von Betriebsfläche für Wohnbau, für Infrastruktur, für Verkehr, für die Ansprüche von Firmen,
– für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen und
– da die verfügbaren Flächen rar und rarer werden, steigen die Bodenpreise

Dietenbach wird von 12 Landwirten im Eigentum oder in Pacht bewirtschaftet. Die Landwirte bauen dort im Fruchtwechsel Getreide, Grünland/Heu, Weizen, Mais, Kürbis, Sonnenblumen, Gerste, Hafer, Hirse, Zwischenfrüchte, u. a. Senf an; z. T. gibt es Zweifruchtanbau mit Leguminosen als „biologische Düngemittelfabrik“.

Acker im Dietenbach/Aufnahme: Ulrich Glaubitz

 

Landwirt sein heutzutage in Freiburg – ein schwieriger Stand ohne Lobby bei der Stadtverwaltung. Seit Jahren werden Landwirten Äcker in der Nähe ihrer Höfe weggenommen und für Wohn- oder Gewebebauten versiegelt. Schlimmes Beispiel ist die Erweiterung des Gewerbegebietes Haid. Hier hatte man 2012 den Landwirten auch unter Drohung von Enteignung Äcker abgenommen. Diese wurden von der Stadt Freiburg derart überteuert am Gewerbe-Markt angeboten, dass bis jetzt nur wenige Gebäude stehen. Alle anderen Grundstücke “gammeln” vor sich hin und sind nicht mehr als Ackerland zu benutzen. 2017 war die Vermüllung dort so schlimm, dass sich die Bewohner von Freiburg St. Georgen erbost an die Stadt wandten. Seitdem wird das Gelände wenigstens einigermaßen saubergehalten.

Präsenz der Landwirte am 01.03.2018 vor dem Bürgerhaus Zähringen, als die Siegerentwürfe zum Architektenwettbewerb vorgestellt wurden (Aufnahme: Georg Löser)

Die letzten regionalen Landwirte kämpfen um ihr wirtschaftliches Überleben. Jede weitere Ackerversiegelung nimmt ihnen mehr von der Chance, den Betrieb an die Nachfolger weiterzugeben. Alle wollen regionale Lebensmittel, hier zerstören wir sie. Der Bauer lebt von der Fläche, d. h. sein gesamtes wirtschaftliches Handeln im Betrieb ist auf die Größe der zur Verfügung stehenden Fläche abgestimmt. Erhalt und Neukauf von  Maschinen und Infrastruktur lohnen sich nur bei entsprechender Flächengröße.

Neben Dietenbach mit seinen bedrohten 169 Hektar möchte die Stadt derzeit auch den Moosacker von den Landwirten haben, direkt neben der Kirche in Freiburg St. Georgen. Man will dort lieber eine Erweiterung der Kleingartenanlagen als landwirtschaftliche Nutzung zur Erzeugung von Lebensmitteln. Die Stadt braucht diese Äcker als Ausgleichsflächen für den Wegfall von Kleingärten im Zuge der Bebauung von Gutleutmatten.

Es droVerdrängungseffekte mit der Landwirtschaft, da oft Ausgleichsflächen in landwirtschaftlich genutzten Flächen geplant werden – der bekannte Domino-Effekt.

Januar 2020, Verdrängung der Landwirtschaft auch hier: Aus der Zeitung erfahren wir, dass Freiburg Ökopunkte im Wert von 4 Mio. Euro bei der Kaiserstuhlgemeinde Bahlingen einkauft. Dort sollen 52 ha landwirtschaftlich genutzte Äcker und Wiesen zu Magerweiden werden. “Doch dadurch verlieren zehn Bauern gepachtete Flächen, besonders betroffen sind zwei.”

Und auch wichtig zu wissen: Überall in Deutschland wird auf Kosten der kleinen landwirtschaftlichen Betriebe gebaut, hier ein weiteres Beispiel unter vielen: http://landauer-zukunft.de/page=start2018


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Langmattenwäldchen

22.02.2019   Augsburger Allgemeine
Freiburg streitet: Wo liegt Grenze des Stadt-Wachstums?
Erstaunlich, diese Aussage von Projektleiter Engel: “Für Dietenbach muss kein einziger Baum gefällt werden”. Nee, nur das Langmattenwäldchen …

Alles Weitere siehe die Argumente Waldverlust sowie Vögel – Vogelschutzgebiet

Aktuelle und detaillierte Angaben zu den geplanten Waldrodungen im Dietenbach finden Sie auf der Webseite “Dietenbach ist überall”.


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Lärmschutz

Wer im Dietenbach spazieren geht, nimmt sofort die geräuschvolle Zubringerstraße zur Autobahn wahr. Eine ruhige und unbelastete Wohngegend sieht anders aus. Für viel Geld werden also 6 m hohe Lärmschutzwände entlang der B 31 und der Besanconallee errichtet – wer möchte hinter solchen Wänden leben? Sozialer Wohnungsbau als Pufferriegel und Lärmschutz entlang der Straßen? Auch das ist im Gespräch … In der Auslobung ist die Rede vom „lärmangepassten Stadtteil“.

Dazu das Umweltbundesamt Mai 2017 in seiner Broschüre „Die Stadt von morgen“: „Lärm in Städten ist nicht nur belästigend, sondern kann auch krank machen. Zur Vermeidung nachteiliger Gesundheitseffekte empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO einen nächtlichen Mittelungspegel von 40 dB(A).“

Würden in Dietenbach überhaupt 40 dB(A) erreicht? Mitnichten.

Wenn es nach Baubürgermeister Martin Haag gegangen wäre, wären ja Lärmschutz und Hochwasserschutz schon lange gelockert worden … Hat leider noch nicht geklappt. Jetzt jedoch kann er trotzdem bei Dietenbach frohlocken: „Aber inzwischen haben wir mit dem sogenannten urbanen Gebiet die Möglichkeit, mit höheren Grenzwerten für Lärm zu planen.“ (BZ 24.10.2018)

Interessant übrigens in obiger Abbildung: da ist im dunkelgrünen Bereich unten eine große rechteckig-zipfelige Aussparung. Das ist das naturschutzfachlich hochwertige Langmattenwäldchen, das für Wohnbau und Straßenbahntrasse abgeholzt werden soll. Es wird so getan, als sei das Wäldchen gar nicht betroffen …


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Leerstand

In Freiburg stehen ca. 2.500 Wohnungen leer (Zensus 2011). Das sei reine Fluktuationsreserve (d. h. bedingt durch Umzüge und Renovierungsarbeiten, die ja permanent stattfinden), sagt die Stadt.
Leider ist das nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Denn es gibt Hauseigentümer*innen, denen es zu mühsam geworden ist zu vermieten; die schlechte Erfahrungen mit Mieter*innen gemacht haben; die keine Zeit haben, sich um die Vermietung zu kümmern; die kein Geld für die dringend nötige Renovierung haben etc. Warum erhalten sie nicht organisatorische Unterstützung von der Stadt?
Ja, es gibt sogar Hauseigentümer*innen, die ihre Gebäude/Wohnungen aus Profitgier als Abschreibungs- und Renditeobjekte leer stehen lassen. Warum lässt die Stadt sie gewähren und schaut tatenlos zu?
Und es gibt  Hauseigentümer*innen, die denkmalgeschützte Gebäude nicht sanieren und solange dem Verfall preisgeben, bis eine Abbruchgenehmigung erteilt wird. Warum wird das toleriert?
Und es gibt sogar neu erstellte Stadtbauwohnungen, die so teuer sind, dass sie jahrelang leerstehen und keine Käufer finden (Bsp. Günterstal).
Und es gibt Luxussanierungen, die Familien aus Häusern vertreiben – in der Guntramstr. 44 machen es Hausbesetzer am 08.12.2018 sichtbar: ein 5-stöckiges Haus werde nach Eigenbedarfskündigungen luxussaniert, mit der Folge unbezahlbarer Mieten.

Warum tut die Stadt nichts? Weil dort alle für Dietenbach, das Vorzeigeprojekt, arbeiten … Gerade so, wie die Handwerker, die nichts mehr für die alte Stadt tun werden, weil sie alle nur noch für und in Dietenbach arbeiten werden.

Übrigens: Neuerdings kann man Leerstand an die Stadt melden – nur zu!
E-Mail schreiben an: leerstand@stadt.freiburg.de

Und in den letzten Wahlkampftagen behauptet die Stadt, die Leerstandquote betrage, o Wunder, in Freiburg nur noch 0,5 Prozent. Das hätten Studien aus 2018 ergeben. Wo sind diese Studien? Geheime Studien?

Hier eine Leserzuschrift aus dem Schwäbischen vom 17.02.2019:

“Baden-Württemberg hat mehr Denkmale als ganz Frankreich. Mir wurde ein altes Bauernhaus auf Grund des Abbruchantrags zum Denkmal erklärt. Seit über 3 Jahren vesuche ich es zu verkaufen – über das Regierungspräsidium (verkäufliche Objekte) und 6 Monate Immobilienscout – alles vergeblich. Mindestens 1,5 Millionen Euro müssen an Renovierungskosten aufgebracht werden, was aber nicht zu einem entsprechenden Mehrwert führt.
Interessenten waren vielfach vorhanden, da das Grundstück ideal liegt und mit einem Mehrfamilienhaus bebaut werden könnte. Hier werden 10 ar Fläche blockiert, dahinter von einem Nachbar 20 ar bebaubare Fläche. Er bräuchte von uns noch eine Zufahrt, was das Denkmalamt ebenfalls verhindert hat. Im gleichen Ort mit ca. 5000 Einwohnern stehen noch mehr “Denkmalgebäude” als Schandflecke herum, in die nicht mehr investiert wird.
Für einen Abbruchantrag beim Denkmalamt muss ich bei dem Gebäude mit 2 615 cbm umbauter Raum ca. 25 000-30 000 € an Berechnungen und Vorleistungen eines Architekten aufwenden. Ob ich damit eine Abbruchgenehmigung bekomme, ist sehr fraglich. Ein mir bekannter Architekt sagte schon 2016: Da kannst Du über 20 000 € aufwenden und weißt vielleicht nur, dass Du es nicht abreißen darfst.
So geht es vielen, deshalb bleiben die Häuser einfach stehen und blockieren innerörtlich viel Baufläche.”

Frühjahr 2020:  Die Bodenwertsteuer in Baden-Württemberg wird modifiziert!
Die Landtagsfraktionen von Grünen und CDU haben sich geeinigt, in BW eine modifizierte „Bodenwertsteuer“ einzuführen. Demnach soll der Gebäudewert bei der Bemessung der Grundsteuer keine Rolle mehr spielen, sondern lediglich der Wert des Bodens. Expert*innen erhoffen sich davon die Mobilisierung brachliegender Baulücken, da das Horten von Bauland, etwa in Form von sogenannten „Enkelgrundstücken“, deutlich teurer wird. Dafür werden z. B. Mehrfamilienhäuser steuerlich entlastet.
Die Bodensteuer in 90 Sekunden:
Teaser zur ARD-Sendung MONITOR vom 22. Februar 2018:
„Spekulanten bevorzugt: Politik blockiert Bodenwertsteuer“

 


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Mais

Eigentlich war dieses Stichwort nie geplant. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass es Leute gibt, die tragen eine “Maisbrille”, wenn sie durch Dietenbach laufen: alle Pflanzen, die sie sehen, verwandeln sich in Mais. Realität war  aber 2018 (wegen Fruchtfolge ändern sich die Anteile jährlich etwas):

– 30 ha Brotweizen mit anschließender Zwischenfrucht,
– 20 ha Wiesen (Tierfutter, Heu; zum Teil Blumenwiese als ökologischer Landbau),
– 15 ha Silo-Mais für Milchkühe (Milch an die Schwarzwaldmilch)
– 15 ha Körnermais für Lebensmittel,
– 8 ha Speise-Kürbisse,
– 5 ha Sonnenblumen,
– 5 ha Gerste
Dazu kamen Zwischensaaten und Zweifruchtkulturen als Stickstofflieferanten.

Außerdem im Dietenbach: x ha Pferderanch, x ha Waldkindergarten, x ha Sendemast + Betriebsgebaeude usw.
Siehe auch das Stichwort “Irrtümer” auf dieser Seite.

Für Maisbrillenträger und auch manch anderen funktioniert Naturschutz in etwa so: Dietenbach besteht ja nur aus Mais, sonst kein Leben dort, alles wüst und tot – Mais aber ist eine Sünde an der Natur, das weiß jedes Kind, also abschaffen und stattdessen dort einen Stadtteil bauen mit Bachaue und Vorgärten, in denen Vögel zwitschern. Und mit ganz vielen Bäumen, siehe Architekturmodell, sogar mehr, als jetzt dort wachsen.

Das ist ziemlich kurz gedacht – hier nur ein Aspekt: Honigbienen profitieren durchaus von Mais. “Die Pollenmenge während der Maisblüte ist nicht zu unterschätzen und ist vor allem in einem Zeitraum verfügbar (Ende Juni – Anfang August), in dem andere Pollenquellen meist kaum vorhanden sind. In vielen Regionen stellt Maispollen im Spätsommer die wichtigste Eiweißquelle für die Bienenvölker dar, auf die kaum verzichtet werden kann” … mehr

„Es gibt einige Leute, die führen als Argument pro Bebauung an, dass die Bauern auf dem Dietenbachgelände nicht ökologisch orientierten Landbau betreiben, daß es Maisbauern seien oder dass sie Glyphosat einsetzen würden.

Wenn Leute es befürworten, dass die Art der Landnutzung ein Kriterium für eine Enteignung und für die Umwandlung in Bauland sein soll, dann dürfte es im Umkehrschluss auch gut sein, dass z. B. Gebäude, die umweltproblematische Materialien enthalten (wie etwa PVC, Styrol, PCB) oder einfach auch nur hässlich sind, abgerissen werden und die Fläche wieder zur bunten Wiese renaturiert wird.


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Masten versetzen etc.

Das Dietenbachgelände müsste für eine Bebauung erst aufwendig und teuer präpariert werden: Die vorhandenen Strommasten müssten versetzt werden nach außerhalb der Wohnbebauung. Neue Kombimasten würden dann die beiden bestehenden Hochspannungsleitungen ersetzen. Riesige Flächen müssen aufgeschüttet, Lärmschutzwälle errichtet,  eine Gasleitung und ein Funkturm verlegt werden.


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Mietspiegel

Bei der Ermittlung des Mietspiegels finden nur die Neuvermietungen der vergangenen 4 Jahre Eingang in die Berechnung. Dies sind vornehmlich hohe Neubaumieten. Also erhöht sich der Mietspiegel desto schneller, je mehr Neubau entsteht. Wie bei den Neubaustadtteilen Vauban und Rieselfeld würde auch durch einen Neubaustadtteil Dietenbach der Mietspiegel rasant in die Höhe getrieben, erst recht nach Auslaufen der Sozialbindungen. Vauban und Rieselfeld haben mit die höchsten Mieten in Freiburg! Zu allem Überfluss hat der Gemeinderat auch noch beschlossen, dass die Stadtbaumieten an den Mietspiegel “herangeführt” werden müssen. Nicht verwunderlich, wenn man die Grünen-Stadträte Friebis und Frey bei Sozialwohnungen von “Mietmindereinnahmen” sprechen hört …

Der Mietspiegel ist ein Mieten-Hochtreiber. In der ZEIT vom 08.03.2018 sagte der Münchner OB Dieter Reiter (SPD): “Unser zentrales Problem bei der Miete ist der Mietspiegel. Er ist die Basis für alle Mieterhöhungen und geht seit Jahren nach oben. Der Grund ist, dass nur die Erhöhungen und Neuvermietungen der letzten vier Jahre in den Mietspiegel einfließen … es ist eine reine Aufwärtsspirale. Wir fordern seit Jahren, dass auch die Bestandsmieten in den Mietspiegel aufgenommen werden.”

Sergio Schmidt (JPG) am 06.12.2016 im Gemeinderat: “Denn es reicht nicht, Wohnungen zu bauen. Weder sind wir damit schnell genug, noch haben wir dafür Platz genug. Neubauwohnungen sind auch ein Grund für den steigenden Mietspiegel … Wir können nicht warten, bis dieser Teufelskreis aufgrund einer Entspannung des Wohnungsmarktes durch das erhöhte Angebot erreicht wird, denn sonst haben wir zu diese m Zeitpunkt durch die vielen teuren Neubauwohnungen einen so hohen Mietspiegel , dass die ehemaligen NormalverdienerInnen sich Freiburg nicht mehr leisten können.  Dementsprechend ziehen nur Menschen mit mittlerem bis hohem Einkommen nach Freiburg, von denen die Vermieter dann wieder hohe Mieten verlangen können. Das führt wieder zu einem hohen Mietspiegel, der die vorher günstigeren Wohnungen auch teurer macht .”
(Quelle der Grafik: Gemeinderatsdrucksache G-16/251)
Hier ist deutlich zu sehen, dass es auch in den Jahren, in denen die Stadtteile Rieselfeld (1996-2012) und Vauban (1998/9-2016) gebaut wurden, nicht zu einer Entspannung auf dem Mietwohnungsmarkt kam. Und dies sogar, obwohl beide Baugebiete stadteigenes Gelände waren. Wie soll das mit Dietenbach gelingen, wo der Baugrund zunächst, der Sparkasse sei Dank, für teures Geld erworben,  dann überschwemmungsfrei gemacht, dann bis zu 3 Meter aufgeschüttet werden muss etc. In der Pressemitteilung der Stadt vom 27.06.2018 liest man gerade das Gegenteil. Und Baubürgermeister Martin Haag erinnert: „In einer ähnlich angespannten Situation vor rund 25 Jahren hat sich gezeigt, dass die neuen Stadtteile Rieselfeld und Vauban zu einer Entspannung auf dem Wohnungsmarkt beigetragen haben. Beide Stadtteile gehören heute zu beliebten Wohnquartieren.“
Zur Entspannung: siehe die Grafik oben.
Ergänzung: Beide Stadtteile gehören heute zu den teuersten Wohnquartieren.

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Millionengrab

Gesamtvolumen rund 1,2 Mrd. Euro

Dietenbach birgt ganz klar das Risiko, zum Millionengrab zu werden. 700 Mio. € soll der Stadtteil Dietenbach die Stadt Freiburg kosten (Lars Bargmann in Chilli, Juli 2018, S. 6 f.). Davon sollen 100 Mio. € die Gesamtstadt betreffen und deshalb in den städtischen Haushalt übernommen werden. Die Grundstücksverkäufe sollen 592 Mio. € erbringen. Es ergäbe sich ein Defizit von 8 Mio. €. Zusammen mit den Kosten für die Realisierung von 50 % sozialem Mietwohnungsbau ergäbe sich ein Minus von 300 Mio. €. Viele weitere Kosten, u. a. für Klagen, sind dabei nicht berücksichtigt, Näheres dazu unter dem Stichwort Kostenfinanzierung. Die aktuellste Kostenrechnung der Stadtverwaltung ist vom 01.03.2017, sie wurde zum Gemeinderats-Beschluss der Maßnahme im Juli 2018 nicht aktualisiert. Der Risikozuschlag beträgt 12,5 %, die Laufzeit des Projekts geht über 2040 hinaus. Und der nächste “Notstand” ist bereits ausgerufen: Es gebe inzwischen einen “dramatischen” Mangel an Handwerkern. Also würde auch deswegen alles noch teurer. Ein 50 Mio. € großes Loch soll laut Geschäftsführer der Sparkasse in der Kalkulation noch klaffen. Wer würde für das Millionengrab Dietenbach 21 bezahlen müssen? Wir alle, wir Bürgerinnen und Bürger von Freiburg. Mit höheren Steuern und Abgaben, weiterem Investitionsstau bei maroden Schulen, Straßen und Brücken, Kulturausgabenkürzungen usw. – man kennt das ja.
Abschwung und nachlassende Steuereinnahmen wird ebenso wenig ins Kalkül gezogen wie ein nicht unwahrscheinlicher Zinsanstieg, damit verbunden ein Nachlassen der Nachfrage nach Immobilien.

Nachtrag 12/2018: Einen Überblick über das Finanzierungskonzept finden Sie unter dem Stichwort Kostenfinanzierung.

Aktualisierung 01.11.2019:
850 Mio. € Summe Ausgaben Investitionsaufwand
(Quelle: Wochenbericht 16.10.2019)

ein Plus von 40 % innerhalb gut eines Jahres – Dietenbach 21 lässt grüßen!

Eine wissenschaftliche Studie der Hertie School of Governance ergab: Bei 119 seit 1960 fertiggestellten staatlichen deutschen Großprojekten wurden die Kosten durchschnittlich um 73 Prozent überschritten. Bei den ganz teuren Vorhaben, mit Gesamtetats höher als 500 Millionen Euro, gab es im Schnitt sogar eine Kostenverdoppelung.
Auch die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder haben das Problem erkannt. In einem gemeinsamen Bericht verlangen sie von der öffentlichen Hand die Einhaltung von Recht und Gesetz und fordern, dass man sich bei der Kostenermittlung nicht von politischen Erwägungen beeinflussen lassen solle. Doch genau das ist allzu oft der Fall. Die Projekte werden dann nur vage geplant und unrealistisch billig gerechnet, um sie den Parlamenten zu verkaufen.“

Auf davongaloppierende Baukosten angesprochen sagt Baubürgermeister Martin Haag am 24.10.18 im BZ-Interview: “Wir haben immer wieder den Fluch der ersten Zahl. Zu einem sehr frühen Zeitpunkt werden wir nach Kosten gefragt. … Da haben wir uns in der Vergangenheit zu sehr gescheut, auch höhere Zahlen zu nennen.” Aha. Ist Dietenbach auch billiggerechnet worden, damit der Gemeinderat es durchwinkt?

Und Baubürgermeister Martin Haag am 27.01.2019 in “Der Sonntag”: „Vor allem in den vergangenen zwei Jahren beobachten wir, dass die bei Ausschreibungen angebotenen Preise regelrecht davonlaufen. Das ist besonders schmerzhaft, denn die Planungsphase wird … immer komplexer. Das kostet Zeit. Und die kostet Geld. Der Baupreisindex stieg zuletzt um sechs Prozent jährlich.“

Lesen Sie dazu auch unseren Blogbeitrag vom 21.10.2018.

Nach Aussage von Finanzbürgermeister Stefan Breiter (25.10.2018, hier nachzulesen) will die Stadt Freiburg ihr Tafelsilber verhökern, eigene Grundstücke im Wert von 200-250 Millionen Euro verkaufen, um damit den geplanten neuen Stadtteil Dietenbach zu finanzieren.

Der dänische Wirtschaftsgeograf Bent Flyvbjerg von der Universität Oxford ist ein Experte für gewichtige Fehlschläge. Er hat den Forschungszweig „Megaprojekte-Management“ begründet. Gemeinsam mit dem Rechtswissenschaftler Cass Sunstein von der Harvard University hat er in einem 2016 veröffentlichten Aufsatz 327 internationale Großprojekte von 1927 bis 2013 analysiert. Das Ergebnis: In 78 Prozent der Fälle überstiegen die tatsächlichen Kosten der Projekte den Nutzen. Bei einem so hohen Anteil an Fehlschlägen kann man nicht mehr vom Versagen Einzelner ausgehen. Es müssen systemische Ursachen vorliegen.

Im Schlepptau von Dietenbach drohte eine immense Haushaltsbelastung (Insider bezweifeln bereits jetzt, ob der nächste Doppelhaushalt genehmigungsfähig sein wird).  Schmerzhafte Kürzungen wahrscheinlich. Wir müssen uns das nicht ausmalen, denn wir sehen es täglich vor der Haustüre: z. B. in Waltershofen, da fehlen jede Menge Kitaplätze. Eine neue Kita ist jedoch im Doppelhaushalt 2019/20 nicht vorgesehen. „Die Plätze fehlen jetzt. Mit dem Bauen geht’s dann vielleicht 2024 los. Da sind die Kinder dann schon in der Schule“, sagt Barbara Fiedler, BBW.

Oder dieses Beispiel vom September2019: Hebammen setzen sich dafür ein, dass es in Freiburg wieder ein Geburtshaus gibt. Der Gemeinderat ist mehrheitlich dafür. Die Stadt jedoch verweigert den einmaligen (!) Zuschuss, schließlich sei es ja keine Pflichtaufgabe …


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Mundenhof

Der neue Stadtteil Dietenbach soll direkt bis an den Mundenhof gebaut werden. So, wie das ZMF für die Anwohner zu laut würde, so wäre der Stadtteil Dietenbach zu laut für die Tierwelt auf dem Mundenhof mit seinen ca. 30 Tierarten und ca. 180 Tieren. Störungen wären unvermeidlich, das Tiergehege wäre durch 15.000 neue Bürger*innen in direkter Nachbarschaft völlig überlaufen.

September 2019: der Mundenhof muss ab 2025 vergrößert werden, für die zusätzlichen 15.000 Dietenbacher. Wo tauchen eigentlich diese Kosten in der Projektbilanz auf?

Das Stadtmagazin chilli schreibt im November 2019: 2013 seien knapp 300.000 Besucher*innen gekommen, jetzt, sechs Jahre später, seien es 400.000 gewesen.  Der Park habe ein anderes Gesicht bekommen. Trubel und Menschenmengen stünden der entspannten Atmosphäre im Weg. Besucher*innen hätten zurückgemeldet, sie kämen an Sonn- und Feiertagen nicht mehr. Zum Ausbau heißt es: “Die Besucherkapazität soll von 400.000 auf bis zu 600.000 steigen. Von Kosten von bis zu drei Millionen Euro spricht Stuchlik.” Das Parken werde teurer und von den jetzt 700 Parkplätzen blieben nur noch 400 übrig. 


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Nachhaltigkeit

Die zentrale Aussage der Konzeption starker Nachhaltigkeit  (Greifswalder Ansatz) besteht in der Forderung, die verbleibenden Bestände an Naturkapitalien zu erhalten und in Naturkapitalien zu investieren. Eine Gesellschaft, die zwar Sach- und Wissenskapitalien anhäuft, ihre Bestände an Naturkapitalien hingegen vernachlässigt, kann somit nicht als nachhaltig gelten.
UN-Brundtland-Kommission 1987: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die gewährt, dass künftige Generationen nicht schlechter gestellt sind ihre Bedürfnisse zu befriedigen als gegenwärtig lebende.”
Die Stadt Zürich schlussfolgert: „Entwickeln wir eine Kultur des Nachfragens. Wie viel brauchen wir wirklich? Was sind Alternativen?“

Alexander Milles, Vorsitzender NABU-Freiburg 11.02.2019: „Es ist verantwortungslos, angesichts der globalen Herausforderungen in einer Perspektive der Alternativlosigkeit zu verharren. Wenn die nachhaltige Entwicklung in einer der reichsten Regionen der Welt misslingt, wo soll sie dann gelingen? Wir wünschen uns den Schutz der Regenwälder, doch scheitern selbst daran, Wertvolles vor Ort zu erhalten.

Freiburg wurde im Jahr der Rio-Konferenz zur Ökohauptstadt ernannt. Spätestens seit 1992 sollen Soziales und Ökologisches nicht länger gegeneinander ausgespielt werden, sondern ganzheitlich betrachtet werden. In diesem Sinne sprechen sich 18 Oberbürgermeister, unter anderem aus Heidelberg, Karlsruhe und Tübingen, im Rat für Nachhaltige Entwicklung von 2018 gegen die weitere Opferung von Ackerland für Wohnungsbau aus. Stattdessen sollen bestehende Alternativen genutzt werden, um dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu begegnen. Diesem Ziel müssen sich auch Freiburg und sein Umland (!) verpflichten.“

Hier eine Leserzuschrift vom 15.02.2019:

BISHER NICHT ERWAEHNT:Das Dietenbachgelände ist 110 Hektar groß.
40 Hektar davon sind als Bauland ausgewiesen.1 Hektar entspricht 10.000 Quadratmetern,
40 Hektar entsprechen 400.000 Quadratmetern,
110 Hektar entsprechen 1.100.000 Quadratmetern.

Bei Aufschüttung um 3 Meter werden benötigt für:
1 Hektar 30.000 Kubikmeter Erde und Schotter,
40 Hektar 1.200.000 Kubikmeter Erde und Schotter,
110 Hektar 3.300.000 Kubikmeter Erde und Schotter.

Ein Vierachs-Kipper ist das größte Fahrzeug für Erdbewegungen
und hat ein Ladevolumen von 14 Kubikmeter.
Für 1 Hektar benötigt man also 2.143 Ladungen Erde und Schotter,
für 40 Hektar benötigt man 85.714 Ladungen Erde und Schotter,
für 110 Hektar benötigt man 235.714 Ladungen Erde und Schotter.
Bei kleineren Fahrzeugen erhöht sich die Anzahl der Ladungen.

Diese Volumina an Aushub müssen von woanders
herbeigeschafft werden. Dazu sind riesige Bauland-
flächen zusätzlich zu dem Dietenbachgelände
erforderlich. Die Luftbelastung durch Bagger
und Vierachskipper ist gigantisch.

Hinzukommt der Staudamm im Bohrer, ohne den
Dietenbach nicht gebaut werden darf. Auch dort
benötigt man riesige Aufschüttungen.

DAS SOLL NACHHALTIG SEIN?


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Naherholung

Grüne Enteignung statt Landschaftserhalt? Durch den Neubaustadtteil Dietenbach würde eine sehr große Erholungsregion in Freiburg wegfallen. “Dietenbach” auf Kosten von Natur und Naherholungsflächen für die jetzigen Freiburger Bürger*innen? Zukünftige Generationen dürfen nicht grundgesetzwidrig (Art. 20 aGG) immer mehr natürliche Lebensgrundlagen verlieren. Landwirtschaftliche Flächen und Kleingärten – die Lebensräume für Menschen und die heimische Tier- und Pflanzenwelt müssen erhalten bleiben (siehe auch 29.10.2018 Gärtner wollen politischer agieren).


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Naturschutz

Durch den Freizeitdruck von 15.000 Einwohner*innen im neuen Stadtteil entsteht ein großes Gefährdungspotential für die angrenzenden Landschaftsräume: Rieselfeld (NSG, FFH- und Vogelschutzgebiet), Mooswald (Landschafts- und Vogelschutzgebiet), Offenflächen (Acker- und Grünland) im Gewann Hardacker, dem sog. Schildkrötenkopf (Landschaftsschutzgebiet).

Angesichts des Insektensterbens und Verlustes der Biodiversität allgemein muss die Landwirtschaft Teil einer ökologischen Lösung werden. Doch eine ökologischere Landwirtschaft kann nur funktionieren, wenn landwirtschaftliche Flächen erhalten bleiben. Es gibt keinen Ersatz für Boden. Langfristig entstehen durch den Flächenverbrauch hier vor Ort Verlagerungseffekte in so einzigartige Lebensräume wie die Regenwälder Südamerikas. Der Flächenverbrauch durch Dietenbach endet dabei nicht mit der Bebauung. Zusätzliche landwirtschaftliche Flächen in der Regio gehen verloren oder werden beeinträchtigt, um Ressourcen abzubauen und den Hochwasserschutz auszubessern. Denn regional müssen dazu Baggerseen erweitert werden und Hochwasserrückhaltebecken gebaut werden.

Doch auch ganz konkret bedroht der geplante Stadtteil die Artenvielfalt. Wichtige Nahrungshabitate für die berühmten Störche des Mundenhofs gehen verloren, Greifvögel des angrenzenden Vogelschutzgebietes verlieren ebenso ein wichtiges Revier. Störungsempfindliche Arten werden verdrängt. Auf eklatante Weise wird das Naturschutzgebiet Rieselfeld durch den Neubaustadtteil bedroht. Die erfreuliche Entwicklung bei den bodenbrütenden Vogelarten der vergangenen Jahre wird durch eine unausweichliche Freiraumnutzung von zusätzlichen 15.000 Menschen sowie deren Haustiere infrage gestellt.

Im Dietenbach gibt es sogenannte FFH-Mähwiesen: besonders artenreiche Wiesen, die nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie unter europäischem Schutz stehen. In Ebnet gibt es sie auch. Dort werden sie erhalten und wertgeschätzt. Im Amtsblatt vom 01.03.2019 lesen wir: „Für die städtische Naturschutzverwaltung stehen hierbei der Schutz und der Erhalt der Artenvielfalt im Vordergrund. Denn die im Jahr 1992 verabschiedete FFH-Richtlinie verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, Schutzgebiete auszuweisen und für ihren Erhalt zu sorgen. Freiburg ist also auch rechtlich in der Pflicht.“

Schutz und der Erhalt der Artenvielfalt der FFH-Mähwiesen im Dietenbach?

Rechtlich in der Pflicht im Dietenbach?

Alles egal! Es muss gebaut werden!


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Naturschutzgebiet Rieselfeld

Das Naturschutzgebiet Freiburg-Rieselfeld mit seiner in Freiburg einmaligen Flora und Fauna darf nicht durch den Bau eines neuen Stadtteils massiv bedrängt werden. Das einmalige Naturschutzgebiet „ohne Zäune“ mit einem 5 km langen Erlebnispfad und 27 Erlebnisstationen muss erhalten bleiben und vor Besuchermassen geschützt werden. 15.000 neue Nachbarn in Dietenbach stellten das Schutzkonzept gehörig in Frage.


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Planungskultur

Zitat der Landesregierung aus ihrem „Leitfaden für eine neue Planungskultur”: „Diese Verwaltungsvorschrift hat das Ziel, die Beteiligungskultur zu fördern und diese … mit der Öffentlichkeitsbeteiligung weiterzuentwickeln. Augenhöhe, Transparenz und die Einbeziehung von Bürgerideen sind das Ziel einer stärkeren Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Öffentlichkeitsbeteiligung bei Planungs- und Zulassungsverfahren soll die Qualität der Planungen und ihre Durchführung weiter verbessern sowie Lösungswege und Alternativen bei Konflikten aufzeigen. Sie soll die Entscheidung der Behörde mit vorbereiten.“ (Quelle)

Gut wäre gewesen, wenn man die Freiburger Bevölkerung vor der Festlegung auf einen neuen Stadtteil im Außenbereich beteiligt hätte.

Dann wäre Baubürgermeister Martin Haags kleine Welt jetzt nicht in Gefahr, durcheinander zu geraten (BZ 24.10.2018): „Eine große Enttäuschung wäre, wenn das Bürgerbegehren gegen Dietenbach die nötigen Stimmen bekäme. Dann verstehe ich die Welt nicht mehr.“ Was passierte wohl mit ihm im Falle des erfolgreichen Entscheids?

Jedenfalls müsste Herr Haag (wie beim Bürgerentscheid zum Stadionneubau) wegen der Auseinandersetzungen [es folgen kommentierte Zitate]

„sich intensiv vorbereiten“ [ist das nicht üblich bei der Arbeit?],

„genau auf mögliche Angriffspunkte schauen“ [sind wir im Krieg?]

„und alles tun, um darauf Antworten zu haben“ [antworten geht doch ganz einfach, wenn man in der Materie drin ist – oder müssen das speziell präparierte Antworten sein?] …

„Es wäre auch für den Steuerzahler schlecht, wenn es zu Irritationen käme, denn das könnte einen Millionenschaden auslösen” [was sind Irritationen? Jedenfalls flößt mir der Begriff Millionenschaden sehr großen Respekt ein].
(BZ 24.10.2018)

 

04.03.2019: “Beim Bürgerentscheid haben 40 % der Abstimmenden gegen die Bebauung votiert. Daraus spricht eine verbreitete Skepsis gegenüber dem Handeln der Stadt.“
(Quelle: Recht auf Stadt)


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Soziale Frage

Wir seien unsozial, sagt die CDU Freiburg-St. Georgen.
Wir blendeten die „soziale Frage“ aus, sagen andere.

Wir fragen:

Ist es sozial, unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu zerstören, für uns wie auch für die nachfolgenden Generationen?

Ist es sozial, Landwirte zu enteignen?

Ist es sozial, dass die Stadt Freiburg jahrelang die Wohnungssuchenden aus ihrer Notfallkartei als Argument für möglichst viel Neubau vor sich herschiebt, anstatt ihnen zu helfen?

Ist es sozial, einen „lärmangepassten Stadtteil“ zu planen, der so gut wie keine Naherholungsmöglichkeiten bietet?

Ist es sozial, den grünen Klimafinger zu vernichten, mit Wirkung auf die gesamte Stadt?

Ist es sozial, in Dietenbach hochpreisigen Neubauwohnraum zu erstellen (denn preiswert geht bei den Problemen dieses Baugrunds und mit der Sparkassenbeteiligung nicht), der den Freiburger Mietspiegel für ALLE Freiburger*innen in ungeahnte Höhen treiben wird?

Ist es sozial, wenn der Gemeinderat es innerhalb von drei Jahren nicht ein einziges Mal zustande bringt, seinen eigenen Beschluss für 50 % Mietwohnungsbau umzusetzen? Und dann so tut, als ob das in Dietenbach ganz einfach umzusetzen wäre?

Ist es sozial, dass immer mehr Vermögende von weither sich in Freiburg eine Zweitwohnung kaufen, nur um sie einige wenige Tage im Jahr zu nutzen?


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Sparkasse

Die Sparkasse bietet den Grundeigentümern € 65,-/qm an, wenn sie verkaufen (die Stadt hätte nur € 15,- zahlen dürfen). Sie nennt das dann Kooperationsmodell. Und wer nicht kooperiert, wird enteignet. Das ist klare Erpressung, das ist Gewalt, das ist ein Enteignungsmodell – von Kooperation kann keine Rede sein.

Das eigentliche Geschäft verspricht sich die Sparkasse, wenn der neue Stadtteil entwickelt wird. “Wir sind offen für andere Partner”, so Thimm. Das heißt: Andere Investoren können später die voll erschlossenen Flächen von der Sparkasse kaufen – dann für Preise, die sich dem Vernehmen nach um die 800 Euro pro Quadratmeter bewegen könnten (Quelle).

Die Sparkasse schätzt, 58 Mio. € in den Kauf von Grundstücken privater Eigentümer und in die Abwicklung zu investieren (ein Viertel der Fläche gehört allerdings immer noch Eigentümern, die bisher nicht erklärt haben, dass sie verkaufen wollen). Es folge „ein weiterer 3stelliger Millionenbetrag an Investitionen”. In ihrem Brief vom 23.7.2018 (Sparkassenbrief 23.07.2018) werden die mit dem gesamten Procedere verbundenen großen Risiken beschworen. Dann heißt es: „Diesen Risiken und den erheblichen Investitionssummen müssen dann auch entsprechende Chancen für die Entwicklungsmaßnahme Dietenbach GmbH & Co. KG [so heißt die von der Freiburger Sparkasse gegründete Kommanditgesellschaft] gegenüberstehen … Trotzdem müssen betriebswirtschaftlichen Risiken auch adäquate Chancen gegenüberstehen”. Und zur Sozialquote (50 % sozialer Wohnungsbau) sagt der Geschäftsführer der o.g. GmbH, Ingmar Roth: Aus unserer Sicht wäre es kontraproduktiv, wenn man das Vorhaben jetzt schon mit einer Sozialquote verbindet … Ab einer gewissen Faktenschaffung, die eine Wirtschaftlichkeit nicht vertretbar erscheinen lässt, können wir langfristig als Partner nicht mehr dabei sein. Stadt und Gemeinderat werden sich in ihren Beschlüssen danach richten müssen. Unter solchen Voraussetzungen kann kein bezahlbarer Wohnraum für nennenswerte Bevölkerungsanteile entstehen.

Auch die “externen Partner” der Sparkasse wollen vielleicht mitreden, wenn es ums Risiko geht: In der Sparkassen-Finanzgruppe finden sich LBBW, SV, LBS, DekaBank, Berlin Hyp, Finanzdienstleister, Öffentliche Versicherer, Deutsche Leasing u. a.

Was werden wir also beobachten können? Bei jeder Gelegenheit wird die Sparkasse die Sozialquote nach unten drücken und auf eine Verringerung der Bau-, Energie- und Umweltstandards hinverhandeln. Je weiter der Prozess fortgeschritten ist, desto stärker.

Frauen STEP Freiburg sagt dazu am 16.11.2018 (nervös geworden angesichts des Bürgerentscheids?): “Deshalb gilt es, die vorgesehene Umsetzung des Gemeinderatsbeschlusses zu 50 % gefördertem Mietwohnungsbau, der auch langfristig günstige Mietpreise sichert, offen und überzeugend der Bürgerschaft zu vermitteln. Dieses Bekenntnis erwarten wir auch von
Seiten der Sparkasse als der voraussichtlich größten Grundstückeigentümerin auf dem Dietenbachgelände. Um eine breite Zustimmung in der Bürgerschaft zu erreichen, ist diese gemeinsame Zusicherung zur Erstellung von kostengünstigem Mietwohnungsbau ein zentraler Beitrag.”

Und was sagt die Sparkasse dazu? Seit dem erfolgreichen Bürgerbegehren Ende Oktober 2018 hört man von ihr nur: Schweigen.

Nachtrag 27.02.2019, drei Tage nach der Wahl (Quelle: Baden TV Süd ): Die Sparkasse hat die Sprache wiedergefunden!

Sparkassenvorstand Marcel Thimm

“Die Sparkasse, die maßgeblich an dem neuen Stadtteil beteiligt sein wird, sagte zur Umsetzung von bezahlbarem Wohnraum/Vorstand Marcel Thimm: „Ob das – genau 50 Prozent, äh, geförderte Wohnungen sein können oder müssen, da sind wir noch ein bisschen skeptisch (lacht).“”

Übrigens: Nach Gemeinderatsdrucksache G-18/115, S. 7, gehört auch die Sparkasse selbst zu denjenigen, die später einmal in Dietenbach bauen wollen. Wen wundert’s …

Und übrigens: Die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Stadt und Sparkasse sind den Gemeinderatsfraktionen nicht bekannt. Selbst Gemeinderäte erhalten keinen Einblick.


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Stadtklima

Der Sommer 2018 war in Weingarten, Haslach, Rieselfeld, Betzenhausen und Lehen recht heiß. Soll es dort noch heißer werden? Der neue Stadtteil würde  einen der fünf berühmten Klimafinger Freiburgs zerstören. Die Abkühlflächen (kühle Winde streichen tags über die Dietenbachniederung in die westlichen Freiburger Stadtteile) würden ersetzt durch einen die Hitze aufstauenden Riesenstadtteil. Stadtklima egal?

Zur klimatisch-lufthygienischen Ausgleichsfunktion des Gebiets Dietenbach: Gemäß der Stadtklimaanalyse 2003 für Freiburg haben die landwirtschaftlichen Flächen in der Niederung von Dietenbach und Käserbach bei windschwachen Strahlungswetterlagen eine mittlere bis hohe klimatisch-lufthygienische Ausgleichsfunktion als Kalt- bzw. Frischluftentstehungsgebiet … An Tagen mit windarmen Großwetterlagen wirkt die Dietenbachaue als Leitbahn, die in den Tagstunden in Richtung Südosten unbelastete, Luft den benachbarten Siedlungsbereichen (insbesondere dem Stadtteil Weingarten) zuführt.


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Vögel – Vogelschutzgebiet

Kommen Sie mit: In der Dietenbachniederung können Sie mehr als 40 verschiedene Vogelarten beobachten: Amsel, Baumfalke, Blaumeise, Buntspecht, Dorngrasmücke, Eisvogel, Elster, Fasan, Feldlerche, Girlitz, Goldammer, Graureiher, Grauschnäpper, Grauspecht, Grünspecht, Haussperling, Kleinspecht, Kohlmeise, Kuckuck, Mäusebussard, Mittelspecht, Neuntöter, Rabenkrähe, Rotschwänzchen, Saatkrähe, Schwarzer Milan, Schwarzkehlchen, Singdrossel, Star, Stieglitz, Stockente, Storch, Sumpfrohrsänger, Tannenmeise, Turmfalke, Wachtel, Waldkauz, Waldohreule, Zilpzalp (hervorgehoben: die nach FFH-Richtlinie besonders geschützten Vogelarten; hier die Liste der Brutvögel aus der Kartierung, Fassung 2017) .

NABU-Vogelexkursion im Dietenbach
(Foto: Anke Petermann)

Die Gutachten belegen in großer Deutlichkeit, dass die im Vogelschutzgebiet Fronholz (direkt angrenzend an Dietenbach) und im Naturschutzgebiet Rieselfeld heimischen Vogelarten sehr stark auf die Offenflächen ihres Nahrungshabitats Dietenbach angewiesen sind. Bei den Vogelarten Baumfalke, Feldlerche und Mäusebussard wird durch die Störung gegen das Artenschutzrecht verstoßen. „Mit dieser Artenausstattung hat das Plangebiet … eine lokale Bedeutung. Das entspricht einer hohen naturschutzfachlichen Bedeutung [Stufe 4 von 5] … ” (S. 17 des u. g. Gutachtens).

Dabei ist die Stadt Freiburg Mitglied im Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ – wie scheinheilig.

Für Vögel ganz besonders wertvoll ist das Langmattenwäldchen an der Grenze zum Stadtteil Rieselfeld: Allein dort brüten 27 verschiedene Vogelarten. „Wenn man die räumliche Anbindung dieses Wäldchens an das Fronholz berücksichtigt, sind die höhlenreichen Bestände des Langmattenwäldchens Bestandteil des regional wertvollen Mooswald-Komplexes.“ (Quelle: Kartierung Brutvögel Dietenbachniederung – Gutachten zur Strategischen Umweltprüfung).

Aktuelle und detaillierte Angaben zu den geplanten Waldrodungen im Dietenbach finden Sie auf der Webseite “Dietenbach ist überall”.

Wussten Sie schon, dass im Dietenbach das einzige Vorkommen der so selten gewordenen Feldlerche im weitem Umkreis ist? Damit sie dort brüten kann, legen die dortigen Landwirte auf ihren Feldern im Mais und Weizen Lerchenfenster an, so entstehen geschützte Nistplätze.

Video (0.43 min)


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Wachstum – Freiburg XXL

Alle 10-15 Jahre ein neuer unbezahlbarer Stadtteil? So wollen es hier viele, z. B. die FDP-Stadträte: Ein zweiter neuer Stadtteil müsse her – Dietenbach allein werde vermutlich nicht dazu führen, dass die Mieten in Freiburg signifikant sinken (BZ 30.10.2018, bekräftigt im Januar 2019). Dabei konnten die neuen Stadtteile Vauban und Rieselfeld die sog. „Wohnungsnot“ und das Ansteigen der Mieten nicht verhindern – wieso soll es jetzt eigentlich die Wunderwaffe Dietenbach können? Nur weil Gemeinderäte und Stadtverwaltung so tun, als ob sie dran glauben?

Freiburg wächst, weil es baut!

Momentan erzeugt das Wachstum schon den nächsten „Notstand“: Es gebe inzwischen einen „dramatischen“ Mangel an Handwerkern.

Und OB Horn zeigt in Opfingen am 28.11.2018, in welche Richtung geschielt wird: Freiburg sei eine junge Stadt, die von innen her wachse und normal verdienenden jungen Familien Wohnraum bieten müsse. Alles andere sei wirtschaftsschädlich. („von innen her wachsen“: die städtischen Zahlen widerlegen diese Behauptung, siehe hier)

Kommentar: Freiburg wächst nicht von innen, sondern weil es Wohnbauflächen ausweist. Und dabei geht es anscheinend in erster Linie um den Wirtschaftsstandort. Seit Eröffnung des Wahl„kampfes“ im Januar 2019 werden auch die „Arbeitnehmer“ beschworen, die hier Wohnraum fänden, wo wir sie doch so dringend bräuchten … Das kennt man, werden doch Arbeitsplätze und Arbeitnehmer*innen von Regierenden und Wirtschaft allzu gerne als argumentative Schutzschilde missbraucht, um unpopuläre Entscheidungen auf den Weg zu bringen.

Warum ist Wachstum nicht zukunftsfähig? „Weil wir auf Situationen zusteuern, die wir nicht mehr beherrschen. Dabei spielen vier Krisenfaktoren eine Rolle. Erstens haben wir ein Ressourcenproblem … Zweitens stehen uns ökologische Krisen bevor … Drittens sind die Finanzkrisen weiterhin absolut ungelöst, sodass auch die Konsum und Technologiefestungen Europas davon nicht unbeschadet bleiben werden. Und viertens beobachten wir psychologische Krisen: In allen Gesellschaften, die auf Beschleunigung, Wachstum und Leistungsdruck ausgelegt sind, steigt die Zahl der psychischen Krankheiten sprunghaft an. Dieses System verschleißt immer mehr Menschen …“ (Ökonom Prof. Dr. Niko Paech, Universität Siegen)

Selbst die Fachbranche denkt allmählich um: Der Bund deutscher Architekten (BDA) schreibt 2019 in “Das Haus der Erde. Positionen für eine klimagerechte Architektur in Stadt und Land“:
Der Traum vom ewigen Wachstum ist geplatzt. Reduktion ist keine modische Attitüde, sondern Überlebensnotwendigkeit … Wir müssen zeigen, dass der tägliche Umweltwahnsinn, wie beispielsweise der ungebremste Flächenfraß, der Vorrang von Neubauten oder der Fetisch Mobilität, nicht alternativlos ist … Die gewachsene Polyzentralität Deutschlands muss gestärkt werden, um das konjunkturinduzierte Wachstum der Städte einerseits und den rasant zunehmenden Pendlerverkehr andererseits zu begrenzen … Städtebau und Architektur sind Bausteine für ein neues ökologisch orientiertes Verständnis von Gemeinschaft und Region …”

Den Zukunftsglauben an eine nachhaltige Entwicklung können wir stärken, indem wir zeigen, dass durch kreatives Unterlassen und Reduzieren neue Lebenswelten entstehen.

Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg schreibt im April 2018, Freiburg sei die Großstadt Baden-Württembergs mit dem höchsten positiven Wanderungssaldo bei der deutschen Bevölkerung seit 2010. Dies sei vor allem auf die „wanderungsaktive“ Altersgruppe der 18- bis unter 30-Jährigen zurückzuführen. Dieser Wanderungsgewinn sei gegenüber dem Umland festzustellen, es gebe „aber darüber hinaus vor allem auch noch enorme Gewinne gegenüber dem übrigen Baden-Württemberg und auch gegenüber den anderen Bundesländern … Dies deutet auf den plausiblen Zusammenhang hin, dass eine ausgeprägte Zuwanderung von jungen Erwachsenen eine bestehende Wohnungsknappheit verstärkt, was zu einer Abwanderung anderer Bevölkerungsgruppen in das Umland führen kann. So können beispielsweise Studierende, die sich zu Wohngemeinschaften zusammenschließen, Familienhaushalte auch in hochpreisigen Stadtquartieren verdrängen. Eine Hochschule vor Ort bewirkt also zweierlei: Sie erhöht einerseits die Attraktivität ihrer Stadt und andererseits den Bedarf an Wohnraum …
Welches künftige regionale Wanderungsgeschehen ist zu erwarten? Demografisch bedingt wird sich in den kommenden Jahren der Zuzug von jungen Erwachsenen in die Städte aller Voraussicht nach weiter abschwächen. Die Zahl der 18- bis unter 30-Jährigen könnte nämlich in Baden-Württemberg von derzeit knapp 1,7 Mill. bereits bis 2025 auf ca. 1,5 Mill. absinken … Es könnte also künftig landesweit weniger Studierende geben, die außerdem verstärkt auch an Hochschulen außerhalb der Großstädte studieren, weil sich immer mehr kleinere Städte als Hochschulstandort etablieren. Auch dies dürfte den Trend in die Großstädte zusätzlich verringern … Die Großstädte untereinander, aber auch gegenüber den kleineren Kommunen und den suburbanen Teilräumen des Landes könnten deshalb mittel- und langfristig – wenn aller Voraussicht nach die Einwohnerzahlen altersstrukturbedingt sinken werden – wieder verstärkt in einem Wettbewerb um neue Einwohner stehen, zumal bereits von einer steigenden Attraktivität des ländlichen Raums die Rede ist.“

Übrigens: Das EU-Projekt mit dem Namen RURALIZATION (Ruralisierung) will neue Wege finden, um Dörfer und Landleben überall in Europa attraktiver zu machen und damit den Trend der Urbanisierung umzukehren. Neue Aktivitäten und kreative Menschen könnten den Bevölkerungsrückgang auf dem Lande und den weiteren Abbau der Infrastruktur stoppen und Entwicklungsperspektiven eröffnen. Vielseitige (Bio-)Höfe mit vor- und nachgelagerten Aktivitäten spielen dabei eine zentrale Rolle.

November 2019: In dem auf Wunsch der Stadt Freiburg erstellten Kurzgutachten des ifeu-Instituts (Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg) “Modifikation der Maßnahmen in Bezug auf eine Klimaneutralität bis 2035 in Freiburg” wird das Thema Wachstum kritisch in den Blick genommen – es folgen Auszüge (eigene Hervorhebungen):

“… Wachstum ist ein zentraler Treiber für Treibhausgasemissionen … Deshalb erschweren eine wachsende Wirtschaft und Gesellschaft die Einhaltung der Klimaschutzziele … Kann es also effektiven Klimaschutz mit ehrgeizigen absoluten THG-Reduktionszielen in einer wachsenden Stadt überhaupt geben?

… Der Einwohnerzuwachs hat Auswirkungen auf den Endenergieverbrauch und die CO2-Emissionen, da der beständige Neubau die Effekte der Gebäudesanierung und höheren Standards teils kompensiert. Wohnraummangel, Flächenkonkurrenz, Staus, aber auch ein steigendes Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und höhere Gewerbesteuereinnahmen sind Zeichen des Wachstums einer Stadt.

Eine Zielsetzung für künftige Untersuchungen könnte sein, die positiven wie negativen Auswirkungen des Wachstums auf die Stadt Freiburg zu erfassen und mögliche Entwicklungspfade, bis hin zu einem Flächenmoratorium, aufzuzeigen.”

März 2020: Wer sich für Postwachstumsplanung und damit für eine wachstumsunabhängige Stadt- und Regionalentwicklung interessiert, dem sei folgende Publikation empfohlen, die auch viele interessante Literaturhinweise für vertiefendes Lesen bietet: Sechs Thesen einer Postwachstumsplanung. Wäre das nicht eine nette Planungsgrundlage für den neuen FNP 2040?


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Waldverlust

Der Wohnbebauung in Dietenbach sollen 5,3 ha Wald zum Opfer fallen. Betroffen ist vor allem das direkt an den Stadtteil Rieselfeld angrenzende Langmattenwäldchen: heutzutage sehr stark frequentiert durch Erholungssuchende und Hundehalter, klimaregulierender Luftschadstofffilter, grüne Lunge, Brutstätte für 28 Vogelarten.
Wie kann man nach dem Dürresommer 2018, bei massivem Fortschreiten des Klimawandels bloß auf die Idee kommen, Wald abzuholzen – bzw. „stillzulegen“ bzw. „in Anspruch zu nehmen“, wie die Freiburger Verwaltung gerne formuliert?


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Was geht mich eigentlich Dietenbach an?

a. die hohen Neubaumieten im Sektor des freien Wohnbaus in Dietenbach werden den Mietspiegel für alle Freiburger*innen kräftig in die Höhe treiben
b. das Megaprojekt zeigt heute bereits ein Defizit von 100 Mio Euro, das wird noch kräftig steigen und empfindliche Haushaltskürzungen über viele Jahre verursachen
c. das VAG Defizit wird immens durch die Weiterführung der Linie 5 nach Dietenbach und deren Unterhalt
d. durch den Verlust der grünen Lunge Dietenbach werden Frischluftzufuhr und Temperaturregulation im Westen der Stadt dauerhaft behindert
e. Zukunft des Mundenhofs? Zukunft des ZMF? Zukunft des NSG Rieselfeld?
f. noch vollere Innenstadt, Busse und Bahnen, Läden, Straßen, Parkplätze, Schulen …
etc.

Es kann nicht im Sinne des Allgemeinwohls sein, wenn der besonders teure Baugrund im Dietenbach (nachzulesen unter dem Stichwort Millionengrab oder auch in mehreren Blogbeiträgen) und die ganz besonders hohen Ansprüche an das Leuchtturmprojekt (siehe Blogbeiträge vom 06.12.2018) zu einer immensen finanziellen Belastung für die Stadt führen. Sie kennen sicher alle marode Ecken, Gebäude, Brücken, Wege in Freiburg, deren Unterhalt von der Stadt vernachlässigt wurde. Das alles könnte durch einen Megastadtteil Dietenbach und seine Folgekosten für die Stadt nur noch schlimmer werden. Hier exemplarisch zwei Beispiele, die bislang öffentlich nicht groß rausgekommen sind.

Die Schneeburgschule in St. Georgen, im November 2018 ein Hilferuf des Elternbeirats im St. Georgener Boten: extreme Raumnot, seit Jahren, 8 Toiletten für 200 Kinder, die baufällige Turnhalle steht auf dem Sanierungsplan für “die nächsten 30 Jahre”.

Das Quartier Lindenwäldle in Weingarten: dreistöckige Gebäude der Stadtbau aus den 50er Jahren, undichte Fenster, Schimmelbildung, extrem hohe Heizkosten (ohne dass die Wohnung richtig warm würde). Bereits im Juli 2008 wurde die Stadt von einer Bewohnerin auf die Mängel hingewiesen. Die BZ thematisiert die Siedlung 2015. 2022 soll das Ensemble abgerissen werden. Die Bewohner*innen (darunter echte Talente!) sollen also noch ganze vier Jahre in unzumutbaren Verhältnissen ausharren? Und danach? Weggentrifiziert?

Das dritte Beispiel, diesmal im Zusammenhang mit Dietenbach: Die Straßenbahnanbindung wird sehr teuer … hier wird am 13.12.2018 darüber berichtet:

“Auf weitere Fragen – etwa ob und wann bereits Varianten geprüft wurden oder wie teuer der Lückenschluss wäre – gibt es aus dem Rathaus keine konkreten Antworten, sondern nur die Aussage, dass die Kosten zu hoch seien. Zuletzt hieß es bei einer Infoveranstaltung zum Stadtteil Dietenbach, dass 8 Alternativen untersucht worden seien. Die VAG hält den Lückenschluss aus betrieblicher Sicht für nicht ganz einfach. Bestehende Linien müssten aufgespalten werden, zudem sei die Linie 1 an ihrer Kapazitätsgrenze. Ein großes Problem sei das Überqueren von Dreisam und B 31. “Das ist kein Brückle”, betont Bartosch: Nötig sei ein riesiges Bauwerk, das 30 bis 35 Millionen Euro kosten würde währenddessen für die Tramverlängerung von Rieselfeld nach Dietenbach 20 bis 24 Millionen Euro im Raum stünden. Die Tramtrasse über die bestehenden Brücken an Paduaallee oder Breisgauer Straße zu führen, scheidet laut Benz aus Platzgründen aus.

Im Wahlkampf hatte sich Oberbürgermeister Martin Horn für eine Prüfung dieser Alternative stark gemacht und von “einer historischen Chance” gesprochen. Auf eine aktuelle Anfrage der BZ äußert sich Horn nur vage. Er lässt lediglich über seinen Sprecher mitteilen, dass ihm “eine attraktive, leistungsfähige und zukunftsorientierte Anbindung für den neuen Stadtteil Dietenbach” am Herzen liege: “Das werden wir anpacken.””

Und das geht jeden an: 63 % der Biomasse, die direkt oder indirekt in der deutschen Endnachfrage konsumiert wird, stammt aus dem Ausland. Der sogenannte Flächenfußabdruck setzt sich aus jenen Flächen zusammen, die im In- und Ausland für die Herstellung der in Deutschland konsumierten Produkte beansprucht werden. Flächenbasierte Fußabdruck-Indikatoren sind wirkungs­volle Indikatoren, um die indirekte Beanspruchung von Landflächen durch den Konsum darzustellen. Sie zeigen insbesondere das enorme quantitative Ausmaß des deutschen Konsums und die mit ihm einhergehende Inanspruchnahme von Landflächen in anderen Teilen der Welt auf (Umweltbundesamt 2018, Broschüre “Die Nutzung natürlicher Ressourcen”, S. 56). Je mehr eigenen Ackerboden wir in Deutschland vernichten, desto mehr steigt unsere Abhängigkeit vom Ausland.


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Weiße Wanne

Häuslebauer hätten es hier schwer, das Bauen wäre teuer, langwierig und nass – u. a. deswegen: “Im untersuchten Bereich ist von einem durchgehenden Grundwasserhorizont auszugehen, dessen Flurabstand bei mittleren höchsten Grundwasserständen zwischen ca. 2,00 m im Süden bzw. Südosten und ca. 1,00 m im nordwestlichen Bereich liegt. Dies bedeutet, dass die Kellergeschoße im Einflussbereich des Grundwassers liegen und mit einer Abdichtung gegen drückendes Wasser nach DIN 18195, Teil 6, d. h. einer wasserdichten Ausführung der Bauteile („weiße Wanne“) zu versehen sind. Des weiteren ist die Auftriebssicherheit der Gebäude zu berücksichtigen … Für die Erstellung des Kellergeschoß sind GW-Haltungsmaßnahmen und u. U. ein Baugrubenverbau zu berücksichtigen. Der Umfang der GW-Haltungsmaßnahmen ist für jedes Objekt einzeln zu prüfen, da dieser von mehreren Faktoren stark beeinflusst wird (z. B. Tiefe Baugrubensohle, Lage des Objektes, Ausführungszeitraum, etc.)” (S. 21 f. der Anlage 15 zum Umweltbericht: Gutachten von Wald+Corbe, Baugrunderkundung und Gründungsberatung umwelttechnische Untersuchung, 2015).

Würden unter solchen Umständen nicht die Versicherungen eine hohe Selbstbeteiligung verlangen?


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Wohnungsnot, sogenannte

Seit 2015 wurden in Freiburg ca. 4.000 neue Wohnungen gebaut. Auch zukünftig sollen ca. 1.000 Wohneinheiten jährlich neu entstehen – darin sind NICHT eingerechnet die Bauvorhaben Dietenbach, Höhe Zähringen oder Kleingärten im Stühlinger! Und es fällt auf: Je mehr Wohnungen gebaut werden, desto höher die Mieten und Kaufpreise, desto mehr Wohnungssuchende, desto lauter die Beschwörungsformeln der “Krise”: „dramatische Wohnungsnot”“ (Grüne Fraktion), „existenzielle Frage” (SPD Fraktion, nach Süddeutsche Zeitung), „Katastrophal, wie unser Städtchen kaputtgeht in seiner soziologischen Struktur“ (Hans-Peter Unmüßig in BZ 18.5.2018).

Wir wissen, dass es viele Bürger*innen gibt, die in Freiburg keine bezahlbare Wohnung mehr finden (darunter, wie in der Presse zu lesen, anscheinend besonders viele Krankenschwestern und Polizisten …: „Junge Familien, der Polizist und die Krankenpflegerin“, so Baubürgermeister Haag zuletzt am 03.12.2018 im Bürgerhaus Seepark – mehr Pflegekräfte, als der Arbeitsmarkt hergibt …). Das ist schlimm. Das muss sich ändern. Dietenbach ist der falsche Weg.

1. Wohnungsnot? Wohnraum gibt es viel in der Stadt, jährlich werden 1.000 Wohnungen neu gebaut. Was es nicht gibt, ist bezahlbarer Wohnraum.

Der Autor Daniel Fuhrhop sagt dazu: „Wenn Studenten für Wohnungen Schlange stehen und die Mieten in München zwanzig Euro den Quadratmeter übersteigen, rufen manche Politiker: „Wir müssen mehr bauen!
Das klingt logisch – und ist doch falsch. Denn neu zu bauen, hilft nicht gegen Wohnungsmangel. Der wäre sonst schon längst behoben: Während im Jahr 2010 erst 140.000 Wohnungen neu gebaut wurden, waren es 2016 bereits 240.000, also zwei Drittel mehr! …
Die teuren Neubauten verteuern auch die Altbauten: Die Mieten steigen, denn jeder neue Vertrag geht in den Mietspiegel ein … Es gibt viele Gründe gegen Neubau, und doch sind alle Parteien einig, dass mehr gebaut werden müsse, denn sie folgen blind dem Dogma.“

2. Angesichts des großen Mangels an bezahlbarem Wohnraum ist es für uns unbegreiflich, wie man es sich leisten kann, unsere alternativen Vorschläge standardmäßig mit „geht nicht!“ zu quittieren. Wieso eigentlich geht nix? Wieso nicht versuchen? Wo ein Wille, da ein Weg. Laut G-18/114 Anlage 1, S. 141 brächte Dietenbach (wenn es denn überhaupt je käme) 8 Jahre lang, nämlich bis 2026, wie viele Wohnungen? Null. So groß also kann die Not nicht sein … Und ab 2026 entstünden in Dietenbach nur ein paar 100 Wohnungen jährlich. Bis 2030 wären es vielleicht 2.000. Die Alternativen bringen ab 2018/19 mehr und teils bezahlbare Wohnungen und haben das Potential von Dietenbach. Sie haben „Dietenbach“ an Anzahl Wohnungen etwa erreicht, wenn dort noch gar nix fertig ist.

3. In den letzten 3-4 Jahren sind in Freiburg ca. 4.000 Wohnungen neu entstanden: Wie kann es sein, dass die „Wohnungsnot“-Rufe trotzdem immer lauter werden? Die „Not“ immer größer wird, je mehr gebaut wird?

4. Zeugt es nicht von grober Fahrlässigkeit, mangelhafter Fürsorge und falscher Prioritätensetzung, dass die Stadt Freiburg seit 2012 (!) bei jeder Gelegenheit Tausende (!) Wohnungssuchende in ihrer Kartei beklagt? Und sie als Beweis für die große „Wohnungsnot“ vor sich her schiebt? Man kann es auch so formulieren: Wohnungssuchende in der Alibifunktion, um weiter und weiter neue Baugebiete ausweisen zu können. Nach der Hymne: Oh Freiburg, du wachsende Stadt.

5. Die nicht enden wollende Niedrigzinsphase hat uns einen veritablen Anlage-Notstand beschert. Der arme Kapitaleigner musste in Immobilien investieren, weil alles andere keine Zinsen mehr abwarf. Einzig Immobilien blieben als renditeträchtige Geldanlage. So, und wenn das eine Weile so geht und nach einigen Jahren kein Bauplatz mehr zu haben ist in der Stadt, dann muss man halt in die Außenbezirke gehen und Landwirte enteignen.

Auf die Frage von Jens Kitzler in „Der Sonntag“ am 21.10.2018 “Warum sprechen Sie und Ihre Mitstreiter oft von der ‘sogenannten Wohnungsnot’?“ antwortet Ulrich Glaubitz, Vertrauensperson unserer Aktion: „Der Begriff enthält eine Art Schicksalskomponente und impliziert, dass man gegen „die große Wohnungsnot“ auch etwas Großes tun muss – da muss man klotzen. Ich will nicht bestreiten, dass es in Freiburg viele Leute gibt, die eine Wohnung suchen. Aber diesen Automatismus, den kritisiere ich. Das schaltet in vielen Köpfen das Denken aus.“

Wenn Stadt und Gemeinderat die sog. Wohnungsnot beschwören, so seien die Fragen erlaubt:
Warum gibt es trotz des Zweckentfremdungsverbots aus 2014 im Jahr 2017 stadtweit ca. 800 Ferienwohnungen? Beispiel: sozusagen legal, weil im Gewerbegebiet, gut 30 FeWos von “Freiburg Appartments“ (Inh. Michael Wagner) im Vauban (V6, V7), gemeinderätlich beschlossen (Quelle).
Warum gibt es stadtweit massiv Leerstand? Hier die Leerstandsliste des SPD-Ortsvereins Stühlinger (seit Nov. 2019 vom Netz genommen). Warum gibt es dafür im Rathaus nur 1,5 befristete Stellen, die Fluktuation ist daher groß?
Ist es im Sinne des Allgemeinwohls, wenn die Firma Ganter Platz bereitstellt für den Bau eines Appartement Hotels der australischen Adina-Kette mit 117 Einheiten (27-45 qm groß) im 4-5 Sterne Segment, wie sie in Berlin, Hamburg und Frankfurt stehen? (Quelle)

Anstandslos, ja regelrecht unverfroren kommt vor diesem Hintergurnd ein Bauprojekt der Caritas (!) daher: Als sozialer Träger baut sie „familienfreundliche und preiswerte“ Wohnungen in der Wiehre für 13 bis 16,60 €/m² (BZ vom 03.09.2019).

„Was man heute unter Wohnungsnot versteht, ist die eigentümliche Verschärfung, die die schlechten Wohnungsverhältnisse der Menschen mit geringem Einkommen durch den plötzlichen Andrang der Bevölkerung nach den großen Städten erlitten haben: eine kolossale Steigerung der Mietspreise, eine noch verstärkte Zusammendrängung der Bewohner in den einzelnen Häusern, für einige die Unmöglichkeit, überhaupt ein Unterkommen zu finden.“
zitiert nach Friedrich Engels, “Zur Wohnungsfrage”, 1872


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ZMF

Das ZMF-Gelände grenzt direkt an Dietenbach an. Beim diesjährigen ZMF wurden Schallpegel von 60 dB gemessen. Erlaubt sind nachts in Wohngebieten 40 dB. Damit sind Dauerärger und Klagen vorprogrammiert. Das ZMF wird sich an diesem Standort kaum halten können. Die Stadt spricht selbst vom Risiko einer Klage, will das aber vertraglich regeln …

September 2019: Das ZMF möchte aus wirtschaftlichen Gründen künftig ein größeres Zelt aufstellen können – die Stadt ist dagegen. Nicht genügend Platz vorhanden, weil nämlich der Mundenhof ab 2025 vergrößert werden muss, für die zusätzlichen 15.000 Dietenbacher (wo tauchen eigentlich diese Kosten in der Bilanz auf?). Also lautet der Vorschlag: die städtische Pacht für das ZMF wird halbiert (s. o., identische Frage).


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